Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 25. Sitzung / Seite 149

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technischen Entwicklung und der beschleunigten Internationalisierung und Globalisierung gerade auf dem Mediensektor auch weiterhin konkurrenzfähige und damit in ihrer Existenz gesicherte österreichische Medien gibt.

No na, das wollen wir alle! Wer will das nicht? Es muß also in diesem Satz noch einen tieferen Sinn geben, und ich glaube, daß der tiefere Sinn in diesem Satz folgender ist: Wir brauchen keine kleinen Medien, wir brauchen nicht die Entflechtung, sondern die Verflechtung. Wir brauchen sozusagen starke Medienkonglomerate, die nicht nur im Printmedienbereich, sondern auch in den anderen Mediensektoren tätig sind. Ich kann mir vorstellen, daß Sie das unter Umständen darunter gemeint haben. Aber genau das ist das Problem, dessentwegen wir hier diskutieren, dessentwegen eine dringliche Anfrage gestellt wurde, nämlich weil, wie sich in allen entwickelten Industrieländern zeigt, genau diese Verflechtung, diese Pressekonglomerate, ob man Italien nimmt, ob man Großbritannien nimmt, ob man ganz global die großen Medienmultis nimmt, das Problem der Medienvielfalt und Medienfreiheit darstellen. Ich meine, es muß Ihnen, Herr Bundeskanzler, schon etwas mehr dazu einfallen als ein Bekenntnis zur Medienvielfalt und zur Konkurrenzfähigkeit, die niemand hier bestreitet.

Ich muß zugeben, daß ich mich eigentlich nicht auf den Sektor der neuen Medien, den zu diskutieren sehr interessant und spannend wäre und der heute noch nicht oder nur wenig diskutiert wurde, in meiner Wortmeldung konzentrieren kann und will. Ja, ich gebe zu, ich bin ein Freund der Printmedien. Ich bin mit den Printmedien groß geworden, ich habe ein sinnliches Verhältnis zu den Printmedien.

Ich habe in meiner Jugend – und das ist schon einige Jahre her – die Zeitungen nicht nur durch ihre Druckart, sondern auch am Geruch voneinander unterscheiden können.

Inzwischen ist das alles nicht mehr so einfach. Es ist auf dem Mediensektor alles wesentlich nivellierter geworden. Die Zeitungen verwenden ähnliche Typen, mit denen sie schreiben (Abg. Dr. Graf: Ihre Nase ist nicht mehr so fein!), es haben sich die Buchdruckkunst und auch die Zeitungsdruckkunst etwas verändert. Ich denke, es hat sich vor allem die Vielfalt der Medien in Österreich verändert. Wir können hier die Zeitungen im Printmedienbereich, die schon gestorben sind, Revue passieren lassen: Das "Demokratische Volksblatt", die "AZ", die "Volksstimme", das "Volksblatt", das "Salzburger Volksblatt" – um auch eine Zeitung aus Ihrem Bereich zu erwähnen (der Redner schaut in Richtung ÖVP) –, die "Südost-Tagespost", der "Express", das "Neue Österreich". – All diese Zeitungen sind tot.

Österreich ist dasjenige Land in Europa, das nicht nur die höchste Konzentration von Lesern gebunden an eine Tageszeitung, sondern auch die geringste Medienvielfalt aufweist. Es ist erschreckend, wenn man die Dokumentation des europäischen Zeitungsherausgeberverbandes sieht, wo gesagt wird, daß es 1988 noch 1 381 Tageszeitungen gegeben hat, 1994 immerhin noch 1 320; es sind also in diesem Zeitraum nur 60 Zeitungen in Europa gestorben. Aber Sie können es sich ausrechnen, meine Damen und Herren, wie viele davon auf das Konto Österreichs gehen, wie viele Medien wir in diesem Zeitraum verloren haben. Es ist erstaunlich, wie sehr Österreich Verursacher an dieser Verarmung auf dem Mediensektor ist.

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die Entwicklung der Printmedien in Österreich und vor allem das, was in einigen Wortmeldungen sehr verschwommen angesprochen wurde, nämlich die Entwicklung des Verhältnisses von Medien zu Parteien ansieht, dann muß man bis in die Zeit nach 1945 zurückgehen. Das erhellt das Verhältnis, auch wenn es sich seither gründlich verändert hat.

1945, als der Krieg kaum vorbei war, ist im Juli die Pressepolitik in Österreich in die Hand der drei damals staatstragenden Parteien gegeben worden. Die ÖVP, die SPÖ und die KPÖ haben sich damals zusammengesetzt und sich die Presse, die Printmedien aufgeteilt und haben faktisch nicht nur über den Preis, nicht nur über den Lohn, den man den Redakteuren bezahlt hat, sondern über alles, was zu regeln ist, wenn man eine Zeitung herausgibt, bis ins kleinste Detail bestimmt.


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