Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 113

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den Bestimmungen. Der Staat muß daher meiner Meinung nach aufpassen, daß er nicht dadurch, daß er so viele Vorschriften erläßt, die es dem einzelnen nicht mehr ermöglichen, sich rechtskonform zu verhalten, seine Autorität aufgibt.

Ich darf Ihnen ein kleines Beispiel bringen: Im Gastgewerbe gilt auch für Lehrlinge die 5-Tage-Woche. Das Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz fordert, daß die zwei freien Tage aufeinanderfolgend genommen werden müssen. Weiters muß der Lehrling jeden zweiten Sonntag frei haben. So gut, so schön. Was tun Sie aber jetzt, wenn der Betrieb am Mittwoch einen Ruhetag hat? Dann bleiben nur mehr vier Arbeitstage. Somit wäre die 40stündige Arbeitszeit auf vier Tage zu verteilen. Das geht aber nicht, weil der Lehrling nur acht beziehungsweise neun Stunden beschäftigt werden darf. – Dieses Problem zu lösen, kommt der Quadratur des Kreises gleich. Und solche Beispiele gibt es mehrere.

Ich meine, wir müssen jedem Betrieb die Chance geben, sich im Schnitt anständig zu verhalten. Es darf nicht darum gehen, möglichst viele Arbeitnehmer möglichst streng zu bestrafen, sondern es geht darum, Gefahren für unsere Mitarbeiter zu beseitigen und Unfälle hintanzuhalten. (Beifall bei der ÖVP.)

Niemand will Kontrollen ausschließen, auch nicht, wenn sie unangemeldet sein müssen, sondern es geht darum, den Schwerpunkt ein wenig zu verlagern. Was macht es für einen Sinn, wenn man kräftig darüber streitet, ob eine viertelstündige Pause noch in die Arbeitsbereitschaft fällt oder doch Pause ist oder doch nicht Pause ist? Durch derartige Überprüfungen und Kontrollen wird man wahrscheinlich keine Gefahren vermeiden können.

Mir berichten Arbeitsinspektoren, daß sie tatsächlich Verzeichnisse anfertigen – die sie dann an das Sozialministerium weiterleiten –, worin Bestimmungen aufgelistet werden, die parallel laufen, die heute nicht mehr up to date sind und die man ersatzlos streichen könnte. Vielleicht sollte man diesem Gesichtspunkt auch Rechnung tragen, denn ich bin überzeugt davon: Da wäre ein wenig weniger in der Effektivität oft wirklich mehr.

Was wir wollen, ist, den Dienstnehmern einen sicheren und einen möglichst wenig gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatz zu bieten. Durch die beratende Tätigkeit, wie sie das neue Arbeitsinspektionsgesetz vorsieht, wird meines Erachtens mehr erreicht als durch Kontrollen und Strafen. Nur dieser Weg ist geeignet, das Vertrauen zwischen Arbeitgebern und Behörden zu festigen, um so dem Anliegen des Arbeitnehmerschutzes nachhaltig zum Durchbruch zu verhelfen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Sie hat das Wort.

15.39

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Heute haben wir schon sehr oft von Freude über und Stolz auf die Sozialpolitik gehört. Der Herr Abgeordnete Donabauer war sogar stolz darauf, daß im Sozialbereich 699 Milliarden Schilling ausgegeben worden sind. Ich muß dazu sagen: Erstens stimmen die Zahlen nicht und zweitens muß man sich, glaube ich, schon überlegen, ob es genügt, darauf stolz zu sein, wieviel man ausgegeben hat. Ich glaube, es kommt vielmehr darauf an, wofür man es ausgegeben hat, das heißt, nicht die Quantität, sondern die Qualität soll eigentlich wirklich entscheidend sein. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Angesichts dessen, daß Sie erwähnt haben, wieviel ausgegeben worden ist, müssen Sie eigentlich auch einmal erkennen und zugeben, daß im gesamten Sozialbereich jahrelang Mißbrauch getrieben worden ist und ungeahnte Privilegien eingeräumt wurden.

Ich ziehe den Rechnungshofbericht heran, in dem darauf hingewiesen wird, daß bei den Gebietskrankenkassen die leitenden Funktionäre wirklich ungeheure Gehälter kassieren. So beträgt beispielsweise das durchschnittliche Monatsgehalt bei der Oberösterreichische Gebietskrankenkasse 307 000 S, bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse sind es "nur"


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