Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 128

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100 Prozent Tarifaufschlag! Das ist ja sonst wirklich nirgends mehr der Fall! Aber Frau Vranitzky schafft es. Ich glaube, es ist nicht übertrieben, wenn ich ihr unterstellen muß, daß ein Naheverhältnis zum sozialistisch dominierten Hauptverband besteht (Abg. Mag. Schweitzer: Jetzt wird der Hums aber unruhig!) und es sich daher viel leichter reden läßt, als wenn einer nicht so einen guten Draht dorthin hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein weiteres Beispiel sind Rollstühle. Für Rollstühle hat der Hauptverband einen Tarif zwischen 11 000 S und 13 000 S ausgemacht. Das ist für ein Qualitätsprodukt, das im Einkauf 6 000 S, 7 000 S kostet, noch akzeptierbar. Jetzt kommen die großen Bandagisten, also jene, die die Verhandlungen geführt und die Preise ausgemacht haben, und führen containerweise Rollstühle nach Österreich ein – in einem Container sind 400 Rollstühle –, containerweise überfluten sie damit den österreichischen Markt. Allesamt ohne Prüfzeichen! Diese Rollstühle werden in Thailand um 2 500 S gekauft, und ohne Prüfzeichen werden der Kasse dann 11 000 S verrechnet. Der Aufschlag macht mehrere 100 Prozent aus.

Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Sind Ihnen diese Sachen überhaupt nicht bekannt? – Sie verwalten doch auch Krankenhäuser. Die Krankenkassen betreiben teilweise auch Krankenhäuser, dort werden auch Heilbehelfe eingekauft. Wissen Sie nicht, wie hoch die Preise in Wirklichkeit liegen? Wissen Sie nicht, wie groß die Spannen teilweise sind? Versagen Sie hier nicht offensichtlich völlig hinsichtlich der Aufsichtspflicht, die Sie wahrzunehmen haben?

Ich habe das ASVG mitgebracht und zitiere § 448 – wenn Sie es nicht wissen sollten, Herr Bundesminister –: "Die Versicherungsträger und der Hauptverband samt ihren Anstalten und Einrichtungen unterliegen der Aufsicht des Bundes. Die Aufsicht ist vom Bundesminister für Arbeit und Soziales als oberster Aufsichtsbehörde auszuüben." – Sie ist auszuüben. Es steht nicht, sie kann ausgeübt werden, sie darf ausgeübt werden, nein, sie ist auszuüben, Herr Bundesminister! Haben Sie einmal in den vergangenen 15 Monaten Ihre Aufsichtspflicht ausgeübt? Haben Sie einmal interveniert? Haben Sie einen einzigen Fall aufgedeckt? Haben Sie eine einzige Prüfung veranlaßt? – Mir ist nichts bekannt, aber ich hoffe, Sie können viele von meinen Fragen in unserem Sinne positiv beantworten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie sind als oberste Aufsichtsbehörde nicht machtlos. Das steht im § 449 ASVG. Ich lese Ihnen auch das vor: "Die Aufsichtsbehörden können in Ausübung des Aufsichtsrechtes Beschlüsse der Verwaltungskörper aufheben." – Auch das können Sie machen. Sie sind also gar nicht so machtlos. Sie brauchen sich nicht darauf zu beschränken, Herr Bundesminister, zu beschönigen, indem Sie sagen: Es ist gar nicht so schlimm, die Kassen werden sich schon wieder erholen. Wir werden den Beitrag ein bißchen erhöhen und die Leistung ein bißchen kürzen. – Sie brauchen nichts zu beschönigen. Greifen Sie bei den Sozialversicherungen ordentlich durch, legen Sie diesen Sumpf trocken, dann brauchen die Patienten nicht zusätzlich belastet zu werden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann in der Produktpalette noch fortfahren. Es gibt beispielsweise Toilettestühle. Diese führt eine Firma praktisch für ganz Österreich aus Tschechien ein, auch aus einem Billiglohnland, auch ohne Prüfzeichen, um 400 S. Die kleinen Bandagisten können sich nicht helfen – woher sollen sie die Produkte, die in Österreich gar nicht erzeugt werden, holen? –, und daher kaufen diese Großbandagistenfirmen auch gleich für die Kleinen ein. Den Kleinen wird ein höherer Preis berechnet, denn die Großen müssen auch von etwas leben. Die Kleinen haben dann nur mehr eine ganz geringe Gewinnspanne, denn sie geben die Produkte um denselben Preis ab wie die Großen. Die Großen sanieren sich nicht nur beim Direktverkauf an die Patienten, sondern sie sanieren sich auch, indem sie den kleinen Bandagisten – das ist die Mehrzahl in Österreich – den Markt zusammenhauen und ihnen die Gewinnspanne kürzen, indem sie den Markt mit Billigprodukten dominieren, die vielfach ohne Prüfzeichen sind. – Das verurteilen wir Freiheitlichen ganz vehement! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dasselbe ist bei den schon vorher zitierten Rollstühlen der Fall. Diese Rollstühle kann kein kleiner Bandagist aus Thailand importieren. Da muß er mindestens einen Container mit 400 Stück auf einmal nehmen. Er muß also beim Großen kaufen. Der Große gibt dem Kleinen den Preis vor. Der Kleine hat nur mehr eine kleine Gewinnspanne. Diese ist gerechtfertigt. Dem


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