Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 27. Sitzung / Seite 211

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9. Punkt

Erste Lesung des Antrages 140/A der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, BGBl. 1979/139 i. d. F. BGBl. 1993/800, (WGG) geändert wird

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 9. Punkt der Tagesordnung. Es ist dies die erste Lesung des Antrages 140/A der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert wird.

Wir gehen in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Herr Antragsteller. Die maximale Redezeit ist 40 Minuten. Es wird aber nicht erforderlich sein, auf diese Grenze hinzuweisen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

22.40

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir Liberale wollen anläßlich der ersten Lesung unseres Initiativantrages zur Änderung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes auf eine Problematik aufmerksam machen, die schon jetzt, aber vor allem in absehbarer Zukunft eine äußerst sensible Materie betrifft beziehungsweise betreffen wird: Diese äußerst sensible Materie ist das genossenschaftliche Wohnungswesen, das schon vielfach Anlaß zu reichhaltigen Diskussionen gegeben hat.

Meine Damen und Herren! Ich möchte gleich eingangs festhalten, daß uns sowohl die Praxis der Eigentumssicherung als auch jene der Eigentumsbildung speziell auf dem Sektor Wohnbau vor dem Hintergrund unseres rechtsstaatlichen Systems Anlaß zu ernsthafter Sorge gibt.

Meine Damen und Herren! Der faktische Umgang mit Genossenschaftswohnungen ist – das behaupte ich mit aller Deutlichkeit – einer der größten Schwindel unseres Rechtssystems. Die Praxis sieht nämlich so aus, daß das gemeinnützige Wohnungssystem auf ein Mietrecht reduziert wird, statt den Bewohnern solcher Wohnungen ein Miteigentum zu sichern. Die in der Praxis geltenden Gepflogenheiten sind nichts anderes als eine Vorspiegelung falscher Tatsachen. Mit einem modernen Wort könnte man das als "Ettikettenschwindel" bezeichnen.

Meine Damen und Herren! Den zentralen Angelpunkt meiner Kritik bildet der Begriff "Auslaufgewinn", der jenen Einnahmenüberschuß der Genossenschaften bezeichnet, mit dem nach völliger Ausfinanzierung der Wohnung zunächst die Erhaltungsrücklage gebildet wird und der in weiterer Folge dem Reservekapital einer Genossenschaft zufließt. Dazu ist auch festzuhalten, daß die nochmalige über Gebühr erfolgende Dotierung der Erhaltungsrücklage nur in den seltensten Fällen gerechtfertigt ist. Warum? – Ganz einfach: Die Genossenschafter leisten laufend Beiträge, die genau in diese Erhaltungsrücklage Eingang finden, und daher ist es – in den meisten Fällen sage ich – nicht einzusehen, daß sie am Ende nochmals dotiert wird.

In Anbetracht dieses Faktums, meine Damen und Herren, ist eines völlig klar: Die Wohnungsgenossenschaften werden immer reicher, und die Genossenschaftsmieter – das Wort "Genossenschaftsmieter" alleine muß man sich schon auf der Zunge zergehen lassen! – werden immer ärmer. (Beifall des Abg. Scheibner. – Abg. Eder: Das ist aber wenig Beifall!)

Warum werden diese immer ärmer? – Das ist ganz logisch: Es bleibt ihnen im Endeffekt nichts, kein Eigentumsrecht, keine kollektive Mitsprache, sondern bloß die lapidare Erkenntnis, daß, so würde ich sagen, außer Spesen nichts oder – wenn wir großzügig sind – nicht viel gewesen ist. Der Genossenschaftsmieter hat die Wohnung bewohnt, aber haben tut er nachher nichts. (Abg. Eder: Gewohnt hat er aber schon drin!) Rausfliegen tut er genauso, Herr Kollege! Ich weiß, Sie hören das nicht gerne. Aber Sie können sich dann äußern.

Meine Damen und Herren! Alleine schon der Begriff "Auslaufgewinn" ist ein ausgesprochenes Reizwort. Schon die Verschleierung durch den semantischen Begriff "Auslaufgewinn" beweist, daß die genossenschaftlichen Wohnbauträger ihren Wohnungsinhabern gegenüber keine ernsthaften Absichten verfolgen. Unter einer ernsthaften Absicherung verstehe ich zum Beispiel die


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