Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 30. Sitzung / Seite 42

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Oder ein anderes Zitat: "Ein Kind kostet 1 Million Schilling." – Sind wir in einem Land, in dem die Menschen als Kostenfaktor dieser Art bewertet werden? Was kostet ein Mensch, wenn ein Kind 1 Million Schilling kostet? Ist das ein Durchschnittswert? Was soll das heißen? Soll das heißen, daß man dieses Kind eliminieren muß, wenn man sich diese 1 Million sparen will? Was soll es heißen? – Und das vor dem Hintergrund einer demographischen Entwicklung, wobei jeder weiß, daß es ein reiner Streit um Worte ist, ob Österreich ein Einwanderungsland ist oder nicht, ein Streit um Etiketten. De facto benötigen wir Zuwanderung, alleine schon aus demographischen Gründen. Wir sind in der glücklichen Lage, eines der reichsten Länder Europas zu sein und Menschen zu benötigen, also noch nicht einmal Menschen aufnehmen zu müssen, weil es nicht anders geht, sondern weil wir sie brauchen. – Also wir können menschlich sein und helfen uns dabei selbst. Ich meine, das ist sicher nicht die unangenehmste Lage, in der man sich befinden kann.

Wenn sich jetzt der Widerstand der Freiheitlichen so massiv insbesondere gegen die Familienzusammenführung richtet, die menschenrechtlich unbestritten ist – nur den Freiheitlichen bleibt es vorbehalten, die Menschenrechtskommission als nicht existent zu bezeichnen –, dann frage ich mich, was die Alternative sein sollte. Die Freiheitlichen meinen, es sollte einen Einwanderungsstopp geben, keinerlei Zuwanderung, insbesondere keine Familienzusammenführung, das heißt auch keine Kinder, die mit ihren Eltern kommen, die Fremde sind. Das heißt wohl in Konsequenz, wenn man die demographische Entwicklung im Auge hat, die inländischen Geburtenraten in die Höhe zu treiben, das heißt wohl, vielleicht ans "Mutterkreuz" zu denken!

Da sage ich Ihnen: Diese Kinder werden, wenn Sie schon so rechnen, dieselbe Million kosten, Sie werden allerdings vielleicht, um Ihre Worte aufzugreifen, "fremdstämmig" sein, und das wird Ihnen nicht so gut gefallen. Aber ich kann nicht verstehen, wie eine Partei wie die Ihre offenbar plötzlich sozusagen gegen die "Ver-Pawkowiczung" von Österreich auftritt. Denken Sie darüber nach, was ich gesagt habe! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Noch ein Zitat von Kollegin Partik-Pablé – es ist mir das einfach zu wichtig –: Sie hat den Vorwurf erhoben, daß es die These von Menschen sei, die für eine menschliche Ausländerpolitik eintreten; es ist wichtig, daß es zu einer wirtschaftlichen und politischen Balance zwischen den reichen Ländern Europas, insbesondere vielleicht den Kernländern in der EU, und den Ländern im Übergang kommt, also zum Beispiel Tschechien, Slowenien, Polen, Slowakei oder Ungarn. Es sei ein vernünftiger Weg, auch hier Migration abzubauen, die wohl auch aus Gründen der Verzweiflung stattfindet. In der Diktion der Freiheitlichen sind Menschen, die sich verzweifelt um eine neue Existenzgrundlage bemühen und sich auf die Wanderschaft begeben, eben auswandern, "Wirtschaftsflüchtlinge". Sie müssen es aus existentiellen Gründen tun und nicht nur deswegen, weil sie vielleicht statt zwei PKW fünf haben wollen und deswegen hierherkommen. Das sind Menschen, die in einer schweren existentiellen Krise sind.

Es ist daher völlig logisch und vernünftig, die wirtschaftliche und politische Balance als ein Mittel der vernünftigen Außenpolitik und auch der Zusammenarbeit mit Nachbarn anzusehen. Niemand ist so naiv, anzunehmen, daß es ein Prozeß ist, der sich über Nacht umsetzen läßt, daß schon morgen der Lebensstandard in unseren Nachbarländern derselbe sein wird wie bei uns. Man kann eher vielleicht noch die Hoffnung haben, daß sich die politischen Verhältnisse weiterhin positiv entwickeln und stabilisieren.

Aber das als negatives Argument gegen eine auf Integration hin orientierte Ausländerpolitik zu verwenden, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, denn selbstverständlich wird sich auch in diesen Ländern die Demokratie nach den Standards entwickeln, die wir anhand der Bürger dieser Länder vorzeigen. Glauben Sie mir das!

Wenn wir den Bürgern dieser Länder, die zu uns kommen, vorführen, was ein Rechtsstaat im Verständnis Österreichs heißt, was Menschenrechte in der österreichischen Praxis heißen, was all das heißt, was wir tun, was Schubgefängnisse in Österreich bedeuten – sechs Monate letztlich ohne Haftgrund; der einzige Anhaltegrund ist die leichtere "Operierbarkeit" dieses Menschen, daß man ihn bei der Hand hat, wenn man ihn abschieben will –, wenn diese Menschen das permanent vorgeführt bekommen, wird das kein Beitrag dazu sein, daß sich die Demokratie


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