Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 71

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geöffneten osteuropäischen Märkten befürchten mußten, die passiven Veredelungsverkehre zur Gänze zu verlieren. Es wäre zu einer De-facto-Devastierung der multinationalen Standorte in Österreich gekommen.

Wenn ich mir heute die Ziffern ansehe, stelle ich fest: Wir haben eine Vervielfachung der passiven Veredelungsverkehre, und gerade jene Unternehmen, deren Absiedelung wir fürchten mußten, beginnen jetzt wieder mit entscheidenden Investitionsphasen. Ich brauche diese nicht zu zitieren, Sie kennen sie aus der Presse.

Zur Sicherung des Standortes muß ich auch sagen, daß wir nie zuvor so viele Anfragen ausländischer Investoren hatten, ohne die berühmte Frage: Wieviel Förderung bekommen wir? Wir haben einfach unseren strategischen Standort verbessert.

Zu Deregulierung und Liberalisierung: Ich glaube, wir alle haben – um ein Beispiel, nämlich Kärnten, zu nennen – nach dem EU-Beitritt direkt erlebt, wie innerösterreichische Regelungen, Vertriebsbindungen, indirekte Preisbindungen, de facto zu einer Massenflucht der Konsumenten geführt haben. Die Anpassungsstrategien – es ist bis zur Klage einer Firma beim Kartellgericht gekommen – haben nun zu verstärkten Anpassungen von Preis- und Vertriebssystemen Richtung Binnenmarkt geführt, wodurch der Kaufkraftabfluß dramatisch zurückgegangen ist.

Ich habe jüngst in einer anderen Funktion, noch im alten Haus, eine Beschwerde des Regierungspräsidenten der Region Veneto gehört; er hat gesagt: Wir haben jetzt das Problem, daß wir in Udine Läden wieder schließen müssen, weil die Österreicher ausbleiben! – Insofern ist es kein verlorener Versuch gewesen.

Nächster Punkt: Mitbestimmung bei den Rahmenbedingungen in der EU. Wir haben im ersten Jahr sicher ein Lehrjahr hinter uns bringen müssen. Ich kann Ihnen das aus meiner Erfahrung im Wirtschafts- und Sozialausschuß sehr freimütig bekennen. Das "Hineinarbeiten" in eine geschlossene Gruppe von Experten, Angestellten, Funktionären ist für Neulinge außerordentlich schwierig. Das geht nur, wenn Sie hinreichend Zeit und die entsprechende Arbeitskapazität investieren. Es ist sicher eines meiner Anliegen für mein neues Ressort, diese Mitbestimmungschancen optimal wahrzunehmen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ich habe mit einiger Genugtuung gesehen, daß etwa in der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie in ganz wesentlichen Teilen österreichische Vorschläge verwirklicht werden konnten. Ich bin gerne bereit, dafür den Wahrheitsbeweis anzutreten.

Es liegen noch eine Menge Dinge vor uns  –  darauf ist schon von anderen hingewiesen worden –, lassen Sie mich daher jetzt zu den Konsequenzen kommen, die ich aus diesem Wirtschaftsbericht vor allem für das von mir nun zu führende Ressort ziehe.

Da Österreich ein Land ist, in dem etwa 40 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus dem Außenhandel erwirtschaftet werden, da Österreich ein Land mit einem ungewöhnlich hohen Internationalisierungsgrad ist – in Österreich werden 74 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus Exporten und Importen gebildet; im Durchschnitt der EU-Länder liegt die Internationalisierungsquote bei nur 54 Prozent; wir wissen aus allen Daten, auch aus jenen dieses Berichtes, daß es im Augenblick vor allem die Exportkonjunktur ist, die unsere Entwicklung trägt –, wird es eines der wichtigsten Dinge sein, sich anzusehen, was man im Exportbereich tun muß, um diese Entwicklung, die sicher irgendwann über die ersten positiven Effekte der EU hinaus gefördert werden muß, auch weiterhin zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren! Ich habe hiefür einige Strategien zur Diskussion gestellt und darf auf eines im Detail hinweisen: Die Exportkapazität Österreichs steht in keiner Relation zu den Hindernissen, mit denen sie weltweit zusammentrifft. Ich habe mir – nicht, um zu dozieren, sondern nur, um ein Beispiel zu geben, weil ich gerade noch für die EU in einer anderen Funktion ein Gutachten schreiben durfte – nur die wesentlichsten Handelsbarrieren, die ein österreichischer Investor oder Exporteur in China vorfindet, aufgeschrieben, weil das etwa für die kommenden WTO-Beitrittsverhandlungen interessant ist.


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