Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 78

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Wenn man heute in Betracht zieht, daß damals für den AF-Beitrag 8,5 Prozent an den Finanzminister bezahlt werden mußte – nur für die Vorschreibung der Einhebung beziehungsweise das Abführen an die Wirtschaftskammer –, daß der ORF 4,5 Prozent lediglich für die Gebührenvorschreibung an die Postsparkasse bezahlt, so ist es verständlich, daß der Unternehmer nicht mehr länger gewillt ist, diese Arbeiten gratis für den Bund zu verrichten, auf der anderen Seite aber in Form von Betriebs- und Steuerprüfungen und Krankenkassenprüfungen bestraft zu werden, wenn irgend etwas falsch gemacht wurde. Das wird in Zukunft nicht mehr gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Immer wieder hört man – auch der Herr Finanzminister hat gerade seine Erlebnisse bei der Regierungskonferenz beziehungsweise beim ECO-Ausschuß vorgetragen –, Arbeitsplatzbeschaffung sei das zentrale Thema der Europäischen Union, die Europäische Union sei der Garant für Vollbeschäftigung. Dem ist entgegenzuhalten: Wir haben in der Europäischen Union 18,7 Millionen Arbeitslose. In der Europäischen Union wurden beispielsweise im Bereich des COSAC-Ausschusses für die Schaffung von Arbeitsplätzen überhaupt keine Maßnahmen gesetzt. Außenminister Dini hat gesagt, die Hoffnung auf Arbeitsplätze habe sich nicht erfüllt. Der Santer-Plan für Arbeit und mehr Beschäftigung ist versandet. Die Gelder, die eigentlich für Investitionen im Rahmen der Transeuropäischen Netze zur Verfügung gestellt worden sind, kann man eben nicht für arbeitsplatzschaffende Investitionen verwenden, sondern 60 Milliarden gehen aus diesem Bereich in die Bekämpfung des Rinderwahns.

Da wollen Sie hier im Hohen Haus beziehungsweise der österreichischen Bevölkerung erklären, daß Österreich bei den Initiativen für die Arbeitsplatzbeschaffung im Rahmen der EU-Konferenz eine Vorreiterrolle gespielt habe, daß dieses Thema im Mittelpunkt der Tagesordnung gestanden sei. Es war nicht einmal ein Randthema. Es war auch bei der Öko-Tagung, bei der Sie selbst anwesend waren, das Thema Vollbeschäftigung nur ein Randthema, weil sich die Europäische Union derzeit mit anderen Dingen zu beschäftigen hat. Das ist auch das Problem, Herr Finanzminister, mit dem Sie sich konfrontiert sehen müssen.

In den Jahren 1990 bis 1994 sind 75 000 Arbeitsplätze in der Industrie verlorengegangen. Sie haben immer behauptet, Sie seien die großen Arbeitsplatzschaffer, Sie seien die Vertreter der Arbeitnehmerinnen und der Arbeitnehmer. – Es ist dieser Bundesregierung in den letzten Jahren eines gelungen: daß sie nämlich sehr vielen Menschen die Arbeit weggenommen hat, anstatt Arbeit zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie denken immer nur an große Unternehmen, an die Exportwirtschaft. Aber Sie haben überhaupt kein Verständnis für die kleinen und mittleren Unternehmen, obwohl der Mittelstand zum Beispiel 75 Prozent der Umsätze – das ergibt eine Untersuchung, die im April oder Mai 1996 durchgeführt wurde – tätigt. 75 Prozent aller Arbeitsplätze werden vom Mittelstand zur Verfügung gestellt, 75 Prozent des gesamten Steueraufkommens kommen aus dem Mittelstand.

Ihre Politik war bis jetzt die, für den Mittelstand in diesem Bereich überhaupt nichts zu tun. Sie haben sich diesbezüglich um den Mittelstand nicht gekümmert, daß man zum Beispiel endlich steuerschonende Maßnahmen zur Bildung von Eigenkapital in Gang gesetzt hätte. Sie haben genau das Gegenteil gemacht, und man sieht auch, wie Sie bei diesem Strukturanpassungsgesetz mit dem Mittelstand beziehungsweise mit der betroffenen Bauwirtschaft umgegangen sind.

Herr Finanzminister, wir haben Sie im Rahmen der Budgetverhandlungen kritisiert, als Sie gesagt haben: Für 1996 und 1997 ist der Haushalt jetzt in Ordnung. Wir werden die Konvergenzkriterien gerade in bezug auf das Defizit erreichen – in einer Größenordnung von 2,9 Prozent im Jahr 1997. 1996 werden wir es nicht schaffen. Sie mußten damals die Wachstumsprognose zurücknehmen und haben einfach irgendwelche Beträge in der Größenordnung von 3,8 Milliarden Schilling aus Privatisierungen eingesetzt, um das Defizit nicht explodieren zu lassen. Aber Sie haben andererseits im Zuge dieses Viererpaketes damals gesagt: Wir setzen konjunkturbelebende Maßnahmen, und zwar in der Form, daß die Wohnbauförderung auf 30 Milliarden Schilling erhöht wird: von 23,6 auf 30 Milliarden Schilling, damit der Wohnbau in den Ländern


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