Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 81

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werden sollen. Das sind keine Neuigkeiten, das sind auch bereits in der Öffentlichkeit bekannte Tatsachen. (Abg. Mag. Trattner: Aber keine zwei Drittel, Herr Präsident!) Das geht sich durchaus aus, wenn Sie die Summen zusammenzählen, um die es tatsächlich geht.

Da Sie auch angemerkt haben, daß das Beschäftigungsniveau – und ich habe, glaube ich, gut zugehört – in den letzten Jahren gesunken ist, dann würde ich auch meinen, daß Fakten und Zahlen dem entgegenstehen. Wir können es ja nachher im Protokoll überprüfen. Es hat zwar bedauerlicherweise im letzten Jahr einen Anstieg der Arbeitslosigkeit gegeben, aber wir sollten eigentlich trotzdem stolz darauf sein, daß es uns in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern lange gelungen ist, einen hohen Stand an Beschäftigung zu halten. In einer Zeit, in der andere Länder bereits abgebaut haben, noch immer einen Zuwachs in der Beschäftigung zu erreichen, ist durchaus ein positives Zeichen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Wirtschaftsminister hat in seiner Einleitungsrede und in seinem Wirtschaftsbericht kurz auf das amerikanische Problem beziehungsweise auf die amerikanische Situation in der Beschäftigung hingewiesen. Ich nehme an, Herr Minister, Sie haben den Stiglitz-Report gemeint und hier vor allem den Council of Economic Advisers für Präsident Clinton angesprochen.

Es ist tatsächlich so, daß man, wenn man sich die amerikanische Beschäftigung ansieht, beeindruckt sein kann von der Zahl der zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze. Das stimmt sicher. Aber in einem muß ich Ihnen widersprechen, Herr Minister, und zwar in der Frage der Qualität und auch der Einkommen dieser Arbeitsplätze.

Diesbezüglich nimmt auch ein Report auf den Stiglitz-Bericht trefflich Bezug unter dem Titel "Look before you buy", also: Prüfen Sie, bevor Sie tatsächlich kaufen. Dieser Report wendet sich vor allem an die Europäer, die dem amerikanischen Beschäftigungswunder jetzt zuhauf nachlaufen und sagen: Was die zusammengebracht haben, das sollten wir eigentlich auch tun.

Schauen wir uns das etwas genauer an: Ab 1979 sind die Einkommen der durchschnittlichen amerikanischen Arbeitnehmer um 10 Prozent gegenüber 1979 gesunken. (Abg. Ing. Reichhold: Bei unseren Bauarbeitern bereits 15 Prozent!) Seit 1980 haben 20 Prozent der Einkommensbezieher 97 Prozent des Einkommenszuwachses lukrieren können, 80 Prozent, also die Mehrheit, der Durchschnitt der amerikanischen Arbeitnehmer: 3 Prozent.

Das Verhältnis des durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommens zum Einkommen eines Geschäftsführers oder Generaldirektors eines Unternehmens betrug 1974 1 : 35, Herr Minister, 1994 beträgt es 1 : 179. Als Beweis dafür habe ich hier – es ist nicht gerade eine Gewerkschaftszeitung – die "Financial Times" von gestern: Einkommen der Generaldirektoren im vergangenen Jahr um 23 Prozent gestiegen, Einkommen der Arbeitnehmer im Durchschnitt gleichgeblieben oder maximal um 1 Prozent gestiegen. – Das ist nicht das amerikanische Beschäftigungswunder!

Sie haben richtigerweise von der Zahl und von der Quantität gesprochen und gesagt, daß die Mehrheit der Arbeitsplätze in Amerika von den klein- und mittelständischen Unternehmen geschaffen wurde. Das stimmt. Aber Sie wissen auch – Sie kennen die amerikanische Situation –, daß die meisten dieser klein- und mittelständischen Unternehmungen in Amerika keine sozialen Sicherungssysteme haben, daß sie keine innerbetrieblichen Pensionspläne haben, und damit ist der amerikanische Arbeitnehmer im Durchschnitt weit davon entfernt, was wir unter einem europäischen sozialen Sicherungssystem verstehen.

Am Schluß dieser Studie findet man die Empfehlung an uns Europäer: Citizen, if you want to buy it, look it first. Ich glaube, wir sollten uns das wirklich genauer anschauen und nicht nur als positiv in den Mittelpunkt rücken. (Beifall bei der SPÖ.)

Positiv möchte ich hingegen die Bemühungen der Bundesregierung in den Mittelpunkt rücken, daß – wie dies heute Herr Minister Klima angedeutet hat – die österreichische Bundesregierung sich bei der Welthandelsorganisationstagung in Singapur dafür einsetzen wird, daß die Sozialstandards als verbindliche Regelungen aufgenommen werden.


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