Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 82

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Herr Wirtschaftsminister, Sie haben auch gesagt: Kauft österreichische Qualität. Sie haben scherzhalber auch den Pflichturlaub in Österreich neuerlich erwähnt. Ich würde Ihrem so bildhaft geflochtenen Beispiel, die Blüten in Österreich zu betrachten, gerne etwas hinzufügen: Vielleicht könnten wir auch erreichen, daß die Unternehmer nicht im Ausland produzieren, denn das schafft in Österreich keinen Käufer.

Nennen wir ein Beispiel: Wie nimmt ein Arbeitnehmer bei Semperit Ihre Nachricht: Kauft österreichische Qualität, macht Urlaub in Österreich! auf, wenn in einem Unternehmen, das Gewinne macht, das technologisch auf dem höchsten Stand ist, angesagt ist: Wir wandern in die Tschechei ab, denn dort ist die Produktion billiger? Ich glaube, daß diesbezüglich auch ein starker und deutlicher Ruf aus Ihrem Munde wichtig wäre: Bleibt in Österreich, produziert in Österreich! Es darf nicht so sein, daß das Gewinnstreben in das Ausland verlagert wird, während gleichzeitig die Österreicher und Österreicherinnen aufgefordert werden: Kauft österreichische Qualität, macht Urlaub in Österreich! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Wirtschaftsminister, Sie sprechen zu Recht die Lehrlingsausbildung an, aber auch da wäre es sinnvoller denn je, wenn wir uns schon dauernd des dualen Systems rühmen und sagen, die duale Ausbildung in Österreich ist nicht nur für die Hälfte der jungen Menschen in Österreich wichtig, sondern auch für die Zukunft der österreichischen Wirtschaft, daß wir endlich aufhören mit dem sinnlosen Streit, daß Berufsschulzeit verlorene Zeit für den Betrieb sei. Wenn Dualität bedeutet, daß der Lehrling im Betrieb und in der Berufsschule sein Wissen erhält, dann sollten wir doch endlich damit aufhören, daß wir uns zwar des dualen Systems rühmen, aber die Zeit, die der Lehrling in der Berufsschule verbringt, bezeichnen wir als Belastung für die Unternehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Maderthaner: Die Praxis!)

Herr Präsident Maderthaner! Wir können ja, wenn ich ihn jetzt polemisch interpretiere, Ihrem Minister folgen und "learning by doing" vertreten, da ist überhaupt kein Lehrlingsausbildungssystem notwendig. In seiner Rede führt er nämlich aus, daß ohne Ausbildung, sondern nur am Arbeitsplatz die Kenntnisse erworben werden könnten – das heißt also, daß wir überhaupt kein Lehrlingssystem mehr brauchen. Man bezahlt die Lehrlinge gut, und irgendwie werden sie ihre Kenntnisse schon erwerben. Das ist aber nicht unser Ziel. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber diese neue Broschüre "Neuer Schwung für die Lehre durch Entlastung der Lehrbetriebe" ist ja bezeichnend. Wissen Sie, was als erster Punkt für die neue Lehre angeführt ist? – Der Lehrvertrag muß leichter zu lösen sein. Das ist die Qualitätsanforderung an das österreichische Berufsausbildungswesen? Meine Damen und Herren! Wenn das die Ansage der Wirtschaftskammer für die Jugend ist, die in wenigen Tagen die Schule verläßt, um in eine Lehre einzutreten, dann, glaube ich, sind wir weit zurückgeworfen in unseren Bemühungen, die Ausbildung dementsprechend zu verbessern. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Was wir doch gemeinsam anstreben sollten – ich habe in vielen Gesprächen immer wieder das Gefühl, daß das Gemeinsame doch im Vordergrund steht, dies aber bei öffentlichen Aussagen anscheinend ins Gegenteil gekehrt wird –, ist, daß der Jugendliche im Rahmen der Lehrlingsausbildung eine gute und qualifizierte Grundausbildung erhält, die letztendlich die Bedingung für ein lebenslanges Lernen darstellen soll.

Diese Ausbildung soll aus diesem Grunde auch darüber hinaus seine Existenz begründen helfen. Er soll doch letztendlich mit diesem Wissen am Arbeitsmarkt sein Einkommen und sein Auskommen finden und seine Lebensexistenz dadurch begründen, daß er den Willen hat und ihm auch Mut gemacht wird, lebenslang zu lernen. Ich bin überzeugt davon, daß die Ideen, die Gedanken, die hier gemeinsam mit Herrn Bundesminister Hums, der die Initiative gesetzt hat, mit Minister Klima, mit Ministerin Gehrer und auch mit Ihnen, Herr Bundesminister, hoffentlich zu dem Erfolg führen werden, daß die Lehrlingsausbildung als duales System für die Hälfte der österreichischen Jugend auch Zukunft hat und nicht nur in einem reinen Kostendiskussionsthema sein Ende findet. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Koppler: Nehmt euch endlich einmal Zeit für die Lehrlinge!)


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