Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 31. Sitzung / Seite 103

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beim Pflegegeld. Es gibt keine Valorisierung des Pflegegeldes. Das heißt, auch das Pflegegeld – es wird ja alles teurer, und eine gewisse Inflation ist auch zu beachten –, auch dieses Entgelt für die Ärmsten der Armen wird realiter gekürzt. Und gekürzt wird auch das Taschengeld bei Heimunterbringung, gleich auf die Hälfte, von 1 138 S auf 569 S pro Monat.

Meine Damen und Herren! Malen Sie sich einmal aus oder schauen Sie sich an, was es bedeutet, wenn ein erwachsener Mensch, egal ob Mann oder Frau, mit ein bißchen über 500 S einen Monat hindurch im Pflegeheim auskommen soll. Er muß einmal zum Friseur, er muß sich behandeln lassen. Er muß vielleicht Fußpflege machen lassen, weil er das selber nicht mehr bewältigen kann. Er wird den Bedarf haben, sich Zeitungen anzuschaffen, vielleicht einmal ein Buch, vielleicht auch ein Kosmetikum, wenn es nur eine zusätzliche Hautcreme oder irgend etwas ist. Er braucht womöglich eine zusätzliche Verpflegungskomponente. Er möchte einmal etwas Naschen, möchte etwas anderes trinken, nicht nur immer das, was aus der großen Küche kommt. Er möchte vielleicht einmal Trinkgeld geben, wenn ihm eine Handreichung gemacht wird, oder vielleicht ein kleines Geschenk der Familie machen.

Dafür stehen 569 S zur Verfügung! Das ist ja, bitte, wirklich ein Hohn! Da soll man den Leuten gleich überhaupt nichts geben und soll sagen: Ihr braucht eh nichts mehr, ihr seid ja im Pflegeheim, bei euch können wir restlos einsparen, um euch kümmert sich eh keiner. – Aber herzugehen und zu sagen, 569 S genügen, das ist zynisch und ein Hohn! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ähnlich ist es mit dem Wegfall des Pflegegeldes bei Krankenhausaufenthalt schon am zweiten Tag. Einer, der das nur oberflächlich betrachtet, könnte den Standpunkt vertreten: Na wenn er nicht mehr zu Hause ist, sondern im Krankenhaus, braucht er ja ohnehin kein Pflegegeld. Er übersieht aber, daß es Verpflichtungen gibt, die weiterlaufen, weiterlaufen sollen und müssen, daß es aber auch Verpflichtungen gibt, bei denen es eine gewisse Zeit braucht, damit sie ordnungsgemäß beendet werden können. Was ist mit Mietverhältnissen für die Wohnung, in der der Betreffende wohnt? Der kann ja nicht und soll auch gar nicht ab dem zweiten Tag seines Krankenhausaufenthaltes die Wohnung aufgeben! Was ist mit irgendwelchen Dienstverhältnissen im Pflegebereich? Die kann man nicht beenden von einer Stunde auf die andere. Das heißt, man nimmt bewußt in Kauf, daß auf diese Art und Weise der Pflegebefohlene zusätzlich finanziell belastet wird.

Mir fehlt, ehrlich gesagt, das Verständnis für das Nichtwissen um diese Umstände – das ist die eine Möglichkeit – oder für die bewußte Benachteiligung dieser armen Teufel, meine Damen und Herren. So kann man nicht vorgehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber besonders arg wird es bei einem scheinbaren Detail: Wegfall der Freibeträge für Sonderausgaben und Werbungskosten bis zum nächsten Jahresausgleich. Das heißt, der Pensionist kann nicht die Werbungskosten, die Sonderausgaben mit entsprechenden Darstellungen, jeweils auf die Monate verteilt, geltend machen, nein: erst mit dem nächsten Jahresausgleich. Das wird, je älter der Betreffende ist, umso mehr ein Wettlauf mit der Zeit.

Auch als Oppositionspolitiker möchte ich jetzt gar nicht unterstellen, daß man bei der Gelegenheit die Rechnung aufmacht: Na der eine oder andere wird das vielleicht gar nicht mehr erleben. Ich will das nicht unterstellen. Aber man hätte es berücksichtigen müssen, daß ältere Menschen einfach nicht die Zeit haben, die wir jüngeren noch aufbringen. Sie haben sie psychisch nicht und sie haben sie auch physisch nicht. Und die darauf zu vertrösten, daß irgend etwas in einem Jahr geschieht, das ist, bitte, unmenschlich, und das zeugt von Unverständnis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und wenn ich – noch einmal – im berühmten Brief des Herrn Bundeskanzlers beziehungsweise einer Werbeagentur mit seiner faksimilierten Unterschrift lese: Menschlich und gerecht soll alles sein, deshalb sage ich – Doppelpunkt; ich, der Bundeskanzler –: Pensionsreformen ja, aber menschlich und gerecht, dann drängt sich mir schon die Frage auf: Was von dem, was ich in den letzten 25 Minuten aufgezählt habe, meine Damen und Herren, kann man wirklich und


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