Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da Sie schon keinen Kontakt zu Bahnkunden, zu Pendlern haben – ich möchte das nicht verallgemeinern; es gibt sicher etliche Abgeordnete, die ihn haben, die auch mit dem Zug unterwegs sind, die auch hören, was sich in den Zügen tut; einige treffe ich ja immer wieder in den Zügen –, bringe ich einige Zitate, was konkret betroffene Bahnkunden in Schreiben – mittlerweile haben die Arbeiterkammern etwa Tausende Briefe, Beschwerdeschreiben, Beschwerdeanrufe in ihrer Hotline bekommen – berichten. Tenor in diesen Berichten: Die Bahn wird immer kundenfeindlicher und für sie unattraktiver, sie überlegen sich das Umsteigen auf das Individualverkehrsmittel: das Auto.
Einige konkrete Zitate: eine Bahnfahrerin aus Lambach: Die Pünktlichkeit ist seit der Fahrplanumstellung verlorengegangen. Seit vierzehn Tagen ist in meinem Bereich kein einziger Zug mehr pünktlich gefahren. Ich pendle jeden Tag von Lambach nach Linz. Der Zug fährt nun zwar früher, aber er kommt später an. – Jeden Tag Verspätungen, jeden Tag die Situation, daß diese Bahnkundin nicht rechtzeitig in die Arbeit kommt.
Nächstes Beispiel: Zwei Pendlerinnen aus Neunkirchen verlassen ihr Büro täglich um 17 Uhr. Bisher waren sie dank Schnellzugverbindung um 18.14 Uhr in Neunkirchen, in Zukunft sind sie es um 18.46 Uhr. – Also über eine halbe Stunde länger auf einer derart kurzen Strecke.
Nächstes Beispiel: Ein HTL-Schüler schreibt, er braucht in Zukunft wöchentlich eineinhalb Stunden mehr zum Pendeln zwischen Wiener Neustadt und Mödling. – In einer Woche eine um eineinhalb Stunden längere Pendlerzeit auf der kurzen Strecke Wiener Neustadt–Mödling!
Nächstes Beispiel: Verschlechterungen, massive Wartezeiten im Bereich Mödling–Wien, Verlängerung der Fahr- und Wartezeit um insgesamt bis zu 50 Minuten.
Nächstes Beispiel: Beschwerden über das Einstellen der letzten Schnellbahnverbindung von Wien nach Hollabrunn.
Nächstes Extrembeispiel: In Niederösterreich, auf der Strecke Semmering–Wiener Neustadt muß man für 21 Bahnkilometer mit 3,5 Stunden Wartezeit rechnen. Für 21 Bahnkilometer 3,5 Stunden Wartezeit!
Von wem wollen Sie verlangen, daß er bei diesen Zuständen noch mit der Bahn fährt? – 3,5 Stunden Wartezeit. Es muß jemand ein Berufspendler, ein Berufszugfahrer sein, damit er das tagtäglich noch durchhält.
Es wurden aber auch Fahrtstreckenverbindungen zum Wochenende gänzlich eingestellt, weil man gesagt hat: Am Wochenende gibt es eh keinen Pendler- und Berufsverkehr! – Was ist mit den Leuten aus der Gastronomie, aus anderen Berufszweigen, anderen Berufssparten?
Oder ein Brief aus Wiener Neustadt von Herrn Christian Weber – den möchte ich Ihnen kurz vorlesen: Ich fahre grundsätzlich, wenn möglich, mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, aber daß ich wahrscheinlich wegen den ÖBB nun meinen Arbeitsplatz verlieren werde, finde ich nicht so toll, da mein Arbeitgeber die häufigen Verspätungen zwischen 5 und 45 Minuten nun nicht mehr hinnehmen wird. – Verspätungen von Wiener Neustadt nach Wien – inklusive Weiterverbindungen in Wien – zwischen 5 und 45 Minuten! Dem Mann droht der Verlust des Arbeitsplatzes. Das kann doch nicht der Ernst sein!
Oder: Ein Brief aus Aschach: Eine Pendlerin, die um 5.04 Uhr in den Pendlerzug von Aschach nach Wels einsteigt – das ist eine Pendlerstrecke von gut 30 Minuten – und auf dieser Pendlerstrecke am Bahnhof Haiding, nach zirka zehn Minuten Fahrt, um 5 Uhr früh 17 Minuten Wartezeit hat und im Zug steht. Der Zug bewegt sich ganz einfach nicht mehr vorwärts, der Zug bleibt stehen. Mittlerweile sind nun gezählte drei Pendler in diesem Zug. – Was werden die ÖBB dann machen? – Sie werden sagen: Das ist ein Geisterzug! – sie haben ja die Pendler vertrieben –, und werden auch diesen Zug, weil er ein Geisterzug und dadurch ein Defizitgeschäft ist, einstellen.