Dann hatte ich natürlich schon Angst, daß mir, wenn ich mit dem Zug nach Hause fahre, dasselbe passiert. – Mir ist dasselbe passiert. Erste Klasse hat es nicht gegeben, Rollstuhlwaggon, also Großraumwaggon war auch keiner dabei. So bin ich halt genauso wieder nach Hause gefahren. – So sieht die Realität des Zugfahrens für behinderte, aber auch für nichtbehinderte Menschen aus.
Wenn man einmal das Glück hätte, in einen Großraumwaggon einzusteigen, weil zufällig einer dranhängt – wenn nämlich am Plan steht, daß ein Großraumwaggon vorhanden ist, heißt das noch lange nicht, daß das auch stimmt –, kann es passieren, daß es heißt: Wir können Sie nicht mehr hineinhieven, da ist schon jemand drinnen. – Na gut. Soll ich auf den nächsten Zug warten, damit ich mitfahren kann?
Außerdem habe ich mit der derzeitigen Form der Großraumwaggons sowieso keine Freude, weil das lauter Nichtraucher-Waggons sind. Und was sollen rauchende Behinderte tun? Die setzen sich ja aus Prinzip gar nicht in den Zug hinein. Ich denke mir, wenn ich fünf Stunden mit dem Zug fahre, dann steht es mir auch zu, zwischendurch einmal eine zu rauchen. – Und auch das ist die Realität.
Ich sage Ihnen jetzt etwas, Herr Minister: Es hat sich in den letzten Jahren im Bereich von Einstiegshilfen, Fahrmöglichkeiten für behinderte Menschen mit der Bahn schon einiges getan. Es gibt nämlich jetzt die Hubplattformen. Die Hubplattformen sind aber kein Ergebnis von Überlegungen, daß man jetzt plötzlich von seiten der ÖBB oder der Regierung darauf aufmerksam gemacht wurde, daß man sie brauchen könnte, sondern es war jahrelange Knochenarbeit der Grünen und der behinderten Menschen in Österreich, daß diese Hubplattformen angeschafft wurden. Aber diese Hubplattformen allein genügen nicht. Außerdem gibt es noch genügend Bahnhöfe, die über keine solche Hubplattform verfügen. Dort kann man ganz einfach nicht mehr aussteigen.
Was soll ich also tun? Wenn ich auf einem Bahnhof ankomme, der über keine Hubplattform verfügt, dann kann ich eigentlich nur weiterfahren. Und was soll ich tun, wenn ich vielleicht noch dazu auf einem Bahnsteig beziehungsweise Bahnhof ankomme, der gar nicht mehr besetzt ist? Wie soll ich dort aussteigen? Ich kann doch nicht bis zum nächsten Bahnhof fahren in der Hoffnung, daß es dort eine Hubplattform gibt.
Und was soll ich tun, wenn die Bahnbediensteten – und das ist mir schon oft passiert – es verweigern, die Hubplattform zu holen, um mir zu helfen? Soll ich das Risiko auf mich nehmen, hinunterzufallen? Soll ich für mich verantworten, daß es mir so geht wie meinem Schulkollegen, der hinuntergefallen ist, weil die Hubplattform nicht verwendet wurde? Er ist schwer verletzt worden, und obendrein ist der E-Rolli völlig kaputtgegangen. Er hat bis heute von den ÖBB keinen neuen E-Rolli und kein Schmerzensgeld bekommen. – Wissen Sie, das ist die Realität des Bahnfahrens!
Herr Minister! Ich habe mich letzte Woche bei den Bediensteten der ÖBB erkundigt, wie stark die Frequentierung der ÖBB durch behinderte Menschen ist. Mir wurde gesagt, daß sich die Zahl jährlich verdoppelt. Aber auf diese Verdoppelung wird überhaupt keine Rücksicht genommen. Ich habe nämlich von meinen Freunden in Tirol erfahren, daß man mit Jenbacher im Gespräch ist, neue Waggons für den Regionalverkehr beziehungsweise für den Verkehr für eine Strecke von maximal 200 Kilometern anzukaufen. Und in diesen neuen Waggons gibt es auch wieder keine Behindertentoiletten mit der Begründung: Auf einer Strecke von 200 Kilometern geht doch ohnehin kein Mensch aufs Klo. – Auch das ist Realität.
Herr Minister! Jetzt frage ich Sie: Können Sie mir spontan – ich überlege nämlich seit Jahren – sagen, was ich tun soll, wenn ich mit dem Zug fahre, in dem es keine Toilette gibt, ich aber trotzdem aufs Klo muß? Welche Alternative kann mir die Bahn anbieten? Ich habe für mich keine gefunden. Vielleicht wissen Sie irgendeine.
Herr Minister! Eines wird auch immer wieder übersehen: Es fahren mit der Bahn auch sehr viele blinde Menschen. Gerade bei den Regionalzügen ist es so, daß im Bahnhofsbereich die Türen links und rechts aufgehen, sobald der Zug steht. Ein blinder Mensch kann aber nicht ab