Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 36

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arbeitslosen Einkommen von öffentlich Bediensteten, die zugleich Mandatare sind, abgeschafft werden.

Meine Damen und Herren! Die Regelung, die wir heute vorlegen, ist unter dem Druck der öffentlichen Meinung zustande gekommen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Sie ist ein schlechter Ratgeber!) Die öffentliche Meinung ist in der Demokratie, Herr Kollege Haselsteiner, letzten Endes der Werturteilsrichter, und die Politiker haben sich den Wünschen der Bevölkerung zu fügen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir schlagen folgendes Modell vor: Öffentlich Bedienstete sollen nur mehr in dem Ausmaß ihre Bezüge erhalten, als sie dafür nachprüfbar und dokumentiert arbeiten, maximal aber 75 Prozent ihres Bezuges, auch wenn sie zu 100 Prozent, was bei Mitgliedern des Bundesrates und bei Landtagsabgeordneten möglich ist, ihre Arbeit versehen. Das ist eine Regelung, die durch eine Verfassungsbestimmung abgesichert ist, und eine Regelung, die durch eine unabhängige Kommission von Experten, die nicht mehr im Erwerbsleben stehen, kontrolliert wird, und eine Regelung, die durch Erklärungen des betroffenen Abgeordneten eingeleitet und durch nachprüfende Kontrollen bei der Dienstbehörde überprüfbar und durch einen Bericht an den Nationalrat öffentlich nachvollziehbar ist – eine saubere Lösung, zu der wir stehen! (Ruf bei den Freiheitlichen: Haha!)

Meine Damen und Herren! Es gibt in sämtlichen Parlamentsklubs öffentlich Bedienstete, und ich weigere mich, die öffentlich Bediensteten pauschal abzuqualifizieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es hat einen guten Grund, daß 70 Prozent der Sozialdemokraten im öffentlichen Dienst stehen, daß 50 Prozent in der grünen und in der liberalen Fraktion öffentlich Bedienstete sind, daß 45 Prozent der ÖVP-Fraktion öffentlich Bedienstete sind und daß 17 Prozent in der freiheitlichen Fraktion öffentlich Bedienstete sind. Es wird damit ein Sachverstand eingebracht, der diesem Hohen Haus guttut. (Beifall bei der ÖVP.) Das rechtfertigt aber keine Privilegien. Daher beseitigen wir heute die Privilegien. (Abg. Dr. Haselsteiner: Was ist mit dem Umkehrschluß?)

Ich hätte es sehr gerne, Herr Kollege Haselsteiner, wenn es mehrere Unternehmer wie Sie gäbe, die hier sitzen. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Schmidt. ) Und ich hätte es gerne, wenn wir mehr Rechtsanwälte, mehr Steuerberater, mehr praktizierende Landwirte, mehr Ärzte in diesem Haus hätten, denn dieses Haus würde davon nur profitieren. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ und beim Liberalen Forum. – Abg. Marizzi: Keine Arbeiter mehr!)

Wir schaffen heute das seit dem Jahre 1920 bestehende Instrument, daß öffentlich Bedienstete freizustellen sind und ihre Bezüge weiterhin erhalten, ab. Damit benötigen wir aber keine Spendenkonstruktionen mehr. Das heißt, all die Konstruktionen, die es da gibt, etwa in einen Sozialfonds einzuzahlen, der nicht transparent ist, oder irgendwo einen Fonds zu haben, bei welchem man das Geld abliefert, sind nicht mehr notwendig. Verzichten Sie auf Ihre Bezüge als öffentlich Bedienstete und belassen Sie das Geld beim Steuerzahler! Keine Fonds mehr! (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Schieder. )

Meine Damen und Herren! Wir sind immer vom Nationalratsabgeordneten als von einem Nebenberuf ausgegangen, und die Beschäftigung in der Politik war immer ein Officium nobile: es wurde kein Bezug dafür bezahlt, sondern eine Entschädigung. Wir müssen allerdings – Max Weber hat das schon vor Jahrzehnten erkannt – feststellen, daß Politik heute eben ein Beruf ist. Und Politik als Beruf bedeutet, daß wir entsprechende Konsequenzen ziehen, bedeutet aber auch, daß wir neben dem Officium nobile im Nationalrat natürlich auch unsere politische Tätigkeit in den Wahlkreisen – darauf hat Frau Schmidt mit Recht hingewiesen – weiterhin möglich machen und daß wir auch weiterhin Erfahrung aus der Berufspraxis in dieses Hohe Haus einbringen. Wir brauchen hier im Hohen Haus praktizierende Wirtschaftstreibende, wir brauchen praktizierende Bauern, wir brauchen praktizierende Angestellte, wir brauchen praktizierende Rechtsanwälte, und wir brauchen auch öffentlich Bedienstete. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Ing. Tychtl. )


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