Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 54

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gezeigt, als er hier gemeint hat, daß beabsichtigt ist, die Oppositionsfraktionen in die Verhandlungen über die Einkommenspyramide einzubeziehen.

Ich glaube, Herr Dr. Khol hat aus den letzten Tagen gelernt. Er hat erkannt, was herauskommt, wenn man das Privileg hat, als einzige Berufsgruppe in diesem Land selbst über seine Bezüge bestimmen zu können. Wer kann das sonst noch? – Niemand!

Niemand ist in der glücklichen Lage, selbst sein eigenes Gehalt festsetzen zu können – sofern man nicht in einer vollkommen selbständigen Position ist, sofern man eben in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis ist. Wir sind aber in einem Abhängigkeitsverhältnis, nämlich in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Wähler und zur Wählerin. Und der Wähler und die Wählerin, die Österreicher und Österreicherinnen, haben ja wohl ein makabres Spektakel in den letzten Wochen serviert bekommen.

Das ist der Punkt, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, der mich – mich persönlich, als Abgeordnete nach sechs Jahren – am meisten schmerzt. Kollegin Ederer hat das vorhin ja auch gesagt: Es geht – und da gebe ich ihr absolut recht – darum, daß wir unseren eigenen Berufsstand nicht selbst ständig in den Dreck ziehen sollen, weil das nicht von allzu viel Selbstbewußtsein zeugt. Das zeugt nicht davon, daß wir unsere eigene Arbeit so wertschätzen, wie wir eigentlich erwarten, daß es die anderen tun.

Ich sage Ihnen etwas, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Ich arbeite 70 bis 80 Stunden in der Woche. Ich habe vorher andere Berufe gehabt: Ich war schon Kellnerin, ich war schon Deutschlehrerin, ich war schon Beamtin; ich habe früher nie 70 bis 80 Stunden in der Woche gearbeitet. Ich habe aber auch noch nie so viel verdient wie jetzt. Und ich finde, ich bin jeden Schilling, den mir die Republik zahlt, wert, weil ich mit vollem Einsatz, mit voller Kraft arbeite. (Abg. Steibl: Bravo!) Ich bin auch durchaus der Auffassung, daß das, was die Republik mir als Abgeordnete zugesteht, für mein Auskommen ausreichend ist.

Ich bin voll der Faszination, wenn ich von Kolleginnen und Kollegen höre, daß sie mit voller Kraft und mit vollem Einsatz zwei oder drei Jobs gleichzeitig machen können! Darum bin ich, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum erstenmal froh, daß ich doch nicht Gewerkschaftsmitarbeiterin bin, sondern dort seit vielen Jahren nur Hospitantin bin. Kollege Nürnberger, der ja einer der großen Gewerkschaftsbosse dieser Republik ist, hat mich nämlich persönlich verletzt, indem er sagte: Ich habe einen Hauptberuf – er hat nicht gesagt, wieviel er in seinem Hauptberuf bekommt –, und dann habe ich eine Neben tätigkeit, einen Neben beruf – Abgeordneter zum Nationalrat! –, und für die Nebentätigkeit ... (Zwischenruf des Abg. Verzetnitsch. )

Ich gehe ja davon aus, daß er mit demselben Einsatz arbeitet wie die anderen Kolleginnen und Kollegen, die das als Haupttätigkeit machen, und dafür bekommt er genausoviel bezahlt wie jene, die 70 oder 80 Stunden in der Woche als Abgeordnete arbeiten.

Jetzt erklären Sie einmal denen, die 40, 50 Stunden in der Woche irgendwo am Bau arbeiten und dann am Wochenende – egal, ob das jetzt alles korrekt und gesetzlich in Ordnung ist oder nicht – ein bisserl pfuschen und etwas dazuverdienen, wie das alles zusammenpassen soll.

Das ist genau der Punkt, wo Gitti Ederer recht hat: Man muß klare, einfache Lösungen finden. Und diese klaren, einfachen Lösungen mahne ich auch ein, denn es geht um unseren Berufsstand, es geht um unser Image, es geht darum, daß ich es satt habe, wenn ich irgendwohin komme, daß die Leute als erstes, wenn sie hören, du bist Politikerin, Abgeordnete, den Gedanken haben: Ah, Abgeordnete sind Sie, Politikerin, im Plenum sitzen und Zeitung lesen – und dafür kriegen Sie 100 000 S! – Ich habe es satt!

Sie haben es heute in der Hand, endlich auch einmal ein Zeichen zu setzen, daß es so nicht ist, daß diese Arbeit, die wir hier tun, eine wertvolle Arbeit ist, daß wir diese nicht zum Selbstzweck machen, sondern daß wir sie tun für die österreichische Bevölkerung, die uns das Mandat, dieses freie Mandat dazu gibt, und daß wir auch stolz darauf sind, das tun zu können.


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