Ich meine, daß der Hauptfehler, der mit diesem Initiativantrag gemacht wird, ist, daß wir so tun oder dies zumindest versuchen – und das ist eine Fortsetzung des Fehlers von 1983 –, als ob die Abgeordneten quasi Beamte wären und wir eine beamtete Tätigkeit ausüben. Das stimmt eben nicht! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Diese unsere Tätigkeit ist eine wesentlich umfassendere, als daß man sich mit einem Dienstreiseauftrag hier im Parlament einfindet, einer Sitzung beiwohnt, seine Beiträge liefert – und dann fährt man wieder mit dem Tascherl nach Hause, begibt sich in seinen beruflichen Bereich und arbeitet dort weiter. Das ist nicht nur kein realistisches Abgeordnetenbild, sondern es ist ein falsches, und es wäre eine Fehlentwicklung, wenn wir den Abgeordneten so sähen.
Natürlich: Im Kern hat sich der Abgeordnete mit der Parlamentstätigkeit zu befassen; es ist unsere ureigenste Aufgabe, hier unmittelbar die parlamentarische Arbeit zu leisten, aber wir leben in einer repräsentativen Demokratie, und wir Abgeordnete sind sozusagen das Scharnierelement zur Bevölkerung. Unsere Aufgabe neben der Parlamentstätigkeit ist mindestens so wichtig, daß wir in der Öffentlichkeit, gemeinsam mit der Bevölkerung, die Meinungen aufnehmen – wie ein Schwamm, würde ich sagen – und versuchen, sie in den politischen Prozeß mit einzubringen.
Man kann es als Öffentlichkeitsarbeit im weitesten Sinn bezeichnen, was der eine als Gewerkschaftsfunktionär, der andere als Stammtischpolitiker betreibt, der dritte, indem er sich mit Experten bezüglich bestimmter politischer Themen oder Interessenvertretungen auseinandersetzt. Wenn wir nicht begreifen, daß diese Tätigkeit weit über die rein parlamentarische Tätigkeit hinausgeht, dann tun wir nicht nur den Abgeordneten etwas Schlechtes, sondern auch dem Parlament. Und darum geht es mir in dieser Debatte. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Nach dieser Einleitung, meine Damen und Herren, möchte ich mich der Frage der Vereinbarkeit von Beamtentätigkeit und Abgeordnetentätigkeit widmen. Und da möchte ich schon sagen – erlauben Sie mir ein paar Worte zu den Ausführungen der Kollegin Stoisits zu sagen, die mich mit einem Entschließungsantrag bedenkt –: Es ist dieser Antrag schon von einer gewissen Schäbigkeit. Es wird Ihnen nicht gelingen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, mich mit Schmutz zu bewerfen, denn ich habe mich, seit ich in diesem Parlament bin oder zumindest während eines wesentlichen Teils dieser Zeit, nicht nur bemüht, dieses unsinnige System der Doppelbezüge im Rahmen meiner Möglichkeiten politisch zu bekämpfen, sondern ich kann von mir behaupten, daß ich auch versucht habe, im Rahmen dieses Systems anständig zu bleiben. Ich habe hier regelmäßig gearbeitet, ich habe jahrelang verzichtet, wie ich konnte, ich habe mich dann, wenn aus diesem Rechtsanspruch andere rechtliche Ansprüche erwachsen sind, in dieses System wieder einklinken müssen, und ich habe im Rahmen der Möglichkeiten versucht, meinen Beruf im bescheidenen Umfang und mit Resten – das gebe ich gerne zu – fortzuführen. Und deshalb finde ich es ein bißchen schäbig, wie Sie versuchen, mich auch an den Pranger zu stellen. Das wollte ich Ihnen gesagt haben! (Beifall beim Liberalen Forum.)
Aber nun zum eigentlichen Thema, meine Damen und Herren: Beamtenrolle oder öffentlich Bediensteter und Abgeordnetentätigkeit. Wir müssen uns einmal daran erinnern: Als ich 1977 ins Parlament kam war es so, daß der öffentlich Bedienstete außer Dienst gestellt werden mußte. Er hatte von der Verfassung her nicht die Möglichkeit, irgendwie weiter tätig zu sein. – Nur nebenbei: Ich habe in all diesen Jahren, in denen diese Rechtslage herrschte, jedes Semester gelesen, aber das Wesentliche ist: Damals ist von der Gewaltenteilung ausgegangen worden. Man hat gesagt – wie es heute schon in der Debatte gesagt wurde –: Der öffentlich Bedienstete kann nicht zugleich Abgeordnetentätigkeit ausüben und auf der anderen Seite als Exekutivelement tätig sein.
Ich behaupte, daß man das so einfach nicht sagen kann. Selbstverständlich ist es ein Unterschied, ob Herr Van der Bellen Lehrtätigkeit entfaltet oder ob er Abteilungsleiter in einem Ressort ist. Das ist ein Unterschied. Ich meine, man kann innerhalb des öffentlichen Dienstes eine saubere Trennungslinie finden. Bei leitenden Funktionen in Zentralstellen, die mit Approbationsbefugnis ausgestattet sind, geht das nicht, da stimmt, was gesagt wird: Es ist unmöglich,