Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 69

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am Vormittag im Ausschuß einen Minister zu kritisieren und am Nachmittag weisungsgebundener Beamter zu sein und womöglich – wie es jemand gesagt hat – die Anfrage zu bearbeiten, die man am Vormittag im Plenum eingebracht hat. Das hat keinen Sinn.

Aber ich sehe nicht ein, warum in den nachgeordneten Bereichen, warum im Bereich der Lehrtätigkeit nicht auch – ich sage immer – "Berufsreste" weiter ausgeübt werden können. Es wird über eine Berufsgruppe ein Berufsverbot verhängt, was ich nicht für richtig erachte. (Abg. Wabl: Das ist ja kein Berufsverbot! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Kollege Wabl! Es ist für mich keine Frage des Doppelverdienstes, sondern eine Frage der Unvereinbarkeit. Für mich besteht die Lösung des Problems darin, daß wir Unvereinbarkeitsbestimmungen einführen, mit denen wir klar abtrennen, welchen öffentlichen Funktionen wir die Vereinbarkeit mit dem Abgeordnetenmandat zumuten können und welchen nicht. Dann haben wir eine klare Regelung. – Unvereinbarkeit – das ist der Lösungsansatz. (Abg. Wabl: Richtig!)

Zweitens, zum Doppelbezug: Ich bin schon sehr lange in diesem Parlament, und wir müssen uns darüber im klaren sein, daß jedes Parlament beziehungsweise jede Fraktion – das wissen wir – einer gewissen Anzahl von Abgeordneten bedarf, die der parlamentarischen Tätigkeit den absoluten Vorrang geben. Anders kann eine Fraktion nicht arbeiten und – das behaupte ich – auch ein Parlament nicht. Und daher ist es manchmal ungerecht, weil wir alle wissen, daß die öffentlich Bediensteten – das sei auch zu deren Ehre hier gesagt – viele Jahrzehnte hindurch diejenigen gewesen sind, die bei der Arbeit im Parlament selbstverständlich primär drangekommen sind. Denn die Freiberufler, die Wirtschafter sagen völlig zu Recht, daß ihre berufliche Situation eine viel schwierigere ist und sie sich nicht so gut dem Parlamentsplan anpassen können. Die öffentlich Bediensteten konnten es im Regelfall, und daher kamen sie auch mehr dran.

Wir sollten bei der Änderung dieser Dinge auch daran denken, und das ist überhaupt mein Credo bei dieser ganzen Geschichte.

Die jetzige Lösung macht uns zu legistischen Beamten, die mit Dienstreiseauftrag hier anreisen, und wir tun so, als ob die reine Abgeordnetentätigkeit, die parlamentarische Tätigkeit unsere Funktion wäre. Das ist sie nicht. Keiner von den 183 Abgeordneten, die wir hier herinnen sitzen, hat die gleichen Lebensverhältnisse, was das Berufliche, das Private und vor allem die Entfernung zu Wien anlangt.

Deshalb ist die Stoßrichtung unseres Antrages die, daß wir sagen: Selbstverständlich soll ein Abgeordneter, der Qualitätsarbeit leisten soll, der sich vor- und weiterzubilden hat, der sich zu informieren hat, dessen Arbeit weit über das Sitzen in einem Ausschuß oder im Plenum hinausgeht, anständig entlohnt werden, und es soll Rücksicht darauf genommen werden, daß die Abgeordneten unterschiedliche Lebensverhältnisse haben, wie zum Beispiel die unterschiedlichen Entfernungen von ihrem Wohnort nach Wien.

Ich halte die Debatte, die jetzt in der Öffentlichkeit stattfindet, wirklich für beschämend, weil man so tut, als ob es nicht Realität wäre, daß ein Abgeordneter aus den Bundesländern eben zwei Wohnsitze hat und daß das etwas kostet. Und wenn wir Abgeordnete aus den Bundesländern wollen, dann müssen wir das anerkennen. Das ist ein wesentlicher Punkt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. ) Ja, wir sollen offen, ehrlich und offensiv argumentieren. Ich halte es für falsch, das in der Öffentlichkeit nicht auch offensiv zu vertreten, denn damit behindern wir unsere Arbeit, unsere Funktion, und das tut der parlamentarischen Demokratie nicht gut.

Der dritte Punkt: Wir müssen auch die Realität ganz klar aussprechen: Mit einer politischer Tätigkeit – aber dazu ist keiner gezwungen – sind besondere Belastungen und auch finanzielle Lasten verbunden. Das sollen wir offen und ehrlich sagen. Wenn man es nämlich erklärt, wird es auch verstanden. – Das ist der dritte Punkt.

Und der letzte Punkt, den ich hier noch einmal besonders hervorstreichen möchte: Unsere wesentliche Aufgabe bei der Bezügereform, die mit diesen heutigen Vorlagen nicht abgeschlossen ist, muß sein, diese Dinge unserer Bevölkerung ganz klar darzulegen. Die Probleme sind


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