Diese Frage ist an und für sich natürlich nicht nur bei Beamten zu stellen, sondern auch bei allen anderen – nur dort stellt sie sich gar nicht. Es wäre undenkbar, daß Sie oder daß irgend jemand anderer, der in der Privatwirtschaft beschäftigt ist, seinem Arbeitgeber, etwa Herrn Haselsteiner oder Herrn Peter, sagt: Ich kann leider nur in einem bescheidenen Umfang arbeiten, aber ich möchte 75 Prozent des Einkommens haben.
Das ist aber die Lebenssituation der meisten Leute, und sie legen an die Politiker diesen Maßstab, weil das ihren Lebenserfahrungen entspricht. Es ist legitim, es ist völlig verständlich und es ist auch richtig, diesen Maßstab an die Politiker zu legen. Es ist undenkbar, zu sagen, es geht um leistungsgerechte Einkommen, und dabei nur den einen Teil – nämlich das Politikereinkommen – zu sehen und nicht die Nebeneinkünfte, für die teilweise wesentlich mehr Geld lukriert wird als für das Haupteinkommen als Politiker.
Einige Redner von seiten der sozialdemokratischen Fraktion sind am Vormittag hier herausgegangen – es waren Kollege Nürnberger und Frau Kollegin Hostasch – und haben sich zu ihren Einkommen erklärt, sie haben sich – so wie Kollege Nürnberger – zu ihrem Hauptberuf erklärt, und daraus ist natürlich die Schlußfolgerung zu ziehen, daß sie einen Nebenberuf haben: nämlich Politiker. (Abg. Verzetnitsch: Lies das, was Nürnberger gesagt hat!) Er hat gesagt, hauptberuflich ist er Vorsitzender der Gewerkschaft! (Abg. Verzetnitsch: Ein weiteres Einkommen aus einer hauptberuflichen Tätigkeit!) Selbstverständlich, das meine ich – aber, Kollege Verzetnitsch, wenn er als hauptberufliche Tätigkeit Vorsitzender einer Gewerkschaft angibt, heißt das doch, daß es auch eine nebenberufliche Tätigkeit gibt: Politiker. (Abg. Verzetnitsch: Politisch tätig und Beruf!) Es gibt nicht zwei Hauptberufe, das würde völlig dem widersprechen, was wir unter Haupt- und Nebentätigkeit verstehen. (Abg. Wabl: Zwei Berufe hat nur der Haupt!)
Wenn jemand hauptberuflich als Gewerkschaftsvorsitzender tätig ist und hier bestimmte Interessen zu vertreten hat – und ich meine, er macht das auch nicht schlecht –, dann stellt sich die Frage: Welche Interessen vertritt er in seinem Nebenberuf? Vertritt er die Interessen seines Hauptberufs? Vergißt er die Interessen seines Hauptberufs? – Das ist eine Frage, die sich jeder hier stellen muß, egal ob er im Hauptberuf Gewerkschafter ist, egal ob er im Hauptberuf Unternehmer ist, egal ob er im Hauptberuf Beamter der Hoheitsverwaltung ist.
Es ist auch legitim, Kollegen Nürnberger zum Beispiel die Frage zu stellen, ob er seiner hauptberuflichen Tätigkeit gut nachkommt, wenn er im Hauptberuf sagt, er sei gegen die Krankenscheingebühren, und im Nebenberuf genauso wie du, Kollege Verzetnitsch, für diese Krankenscheingebühren stimmt. Da mußt du dir genauso wie Kollege Nürnberger die Frage stellen: Mache ich meinen Hauptberuf gut – oder mache ich meinen Nebenberuf gut? Erfülle ich die Interessen, die ich zu vertreten habe, in meinem Hauptberuf – oder erfülle ich sie in meinem Nebenberuf? Oder gibt es irgendeine Instanz dazwischen, die das, was man im Hauptberuf vertritt, dann im Nebenberuf als unwesentlich erscheinen läßt? – Das ist für mich wirklich die Frage.
Was ist noch dazu bei jenen Kollegen – und das finde ich wirklich bedauerlich, Kollege Verzetnitsch – aus dem ÖGB wie Herrn Böhm von der Gewerkschaft öffentlicher Dienst? Es ist ja unglaublich, daß man derzeit vier Einkommen lukrieren kann: als Landtagsabgeordneter beziehungsweise Klubobmann der ÖVP 136 000 S, als freigestellter Beamter 50 000 S, als Vizepräsident der Sozialversicherung 22 000 S und als Stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft öffentlicher Dienst 36 000 S. – Das macht in Summe rund 244 000 S brutto.
Da stelle ich mir die Frage: Was macht dieser Herr hauptberuflich? Kollege Verzetnitsch, das ist wirklich eine interessante und spannende Frage: Was ist er von diesen vier Berufen hauptberuflich? Ist er Beamter? Ist er Klubobmann? (Abg. Verzetnitsch: Er ist nicht angestellt beim ÖGB!) Es ist egal, ob er angestellt ist beim ÖGB oder nicht: Er übt vier Funktionen aus, von denen drei mit seiner Tätigkeit im ÖGB zusammenhängen. (Abg. Dr. Graf: Ein Abzocker!) Es ist mir auch egal, ob er sie im ÖGB ausübt.
Ich stelle dieselbe Frage von Hauptberuf und Nebenberuf auch an Herrn Haselsteiner. Auch in seiner Funktion ist diese Frage interessant: Ist er im Hauptberuf Unternehmer und im Nebenberuf Politiker? Was ist Kollege Schöll von den Freiheitlichen: im Hauptberuf Makler und im