Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 74

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Nebenberuf Politiker? Oder was ist mit Kollegen Heindl? Ist er im Hauptberuf Maculan-Aufsichtsratsvorsitzender oder Vorstandsmitglied und im Nebenberuf Politiker? – Das sind ja interessante Fragen, denen wir auch sehr ernsthaft nachgehen müßten, über die wir diskutieren müßten, weil zweifellos – und das sage ich ganz offen – in dem einen oder anderen Fall nicht auszuschließen ist, daß es sich um eine Form von Lobbyismus handelt, von nicht ausgewiesener interessenmäßiger Vertretung.

Ich möchte Ihnen, meine Damen und Herren, nur vorlesen – um da gleich jeden bösen Verdacht zu entkräften –, was etwa der italienische Unternehmer Luciano Benetton gesagt hat, der für die italienischen Republikaner im italienischen Parlament gesessen ist. Auf die Frage, ob er es bedauere, sich aus der Politik zurückzuziehen, antwortete Herr Benetton:

"Bedauert habe ich, daß ich mich je auf die Politik eingelassen habe. Mit meiner Kandidatur für die kleine Republikanische Partei wollte ich eigentlich nur ein Zeichen zivilen Engagements setzen. Wenn ich gewußt hätte, daß man mich wirklich wählen wird, hätte ich mich erst gar nicht aufstellen lassen. Politik" – und das ist jetzt entscheidend – "ist eine höchst komplexe Angelegenheit und erfordert einen Full-time-Job."

Diesen Satz, meine Damen und Herren, sollten Sie auf sich wirken lassen. Das sagt einer der sicher nicht unwichtigsten italienischen Unternehmer. Er sagt: Zu glauben, daß man diesen parlamentarischen Job irgendwie so nebenbei ausüben kann, das war ein großer Irrtum. Hätte ich gewußt, was mich dabei erwartet, ich hätte das nicht gemacht.

Politik ist ein Full-time-Job, sagt einer der mächtigsten italienischen Unternehmer. Für manche hier in diesem Haus ist nicht relevant, wer etwas sagt und was gesagt wird – Hauptsache, man kann hier diskutieren über scheinbare Privilegien beziehungsweise Nichtprivilegien.

Es ist auch noch eine andere Stelle dieses Interviews mit Herrn Benetton interessant. Er sagt nämlich auf die Frage, ob es wichtig ist, daß in einem Parlament mehr Unternehmer sitzen: Das ist nicht das Entscheidende. Wichtig ist – und das ist natürlich aus seiner Sicht verständlich –, welche Politik im Parlament gemacht wird.

Meine Damen und Herren! Unabhängig davon, daß ich nicht möchte, daß hier in diesem Haus eine Unternehmerpolitik – mit oder ohne Unternehmer – gemacht wird, glaube ich: Er hat recht. Entscheidend ist, was hier für ein politischer Kurs bestimmt wird, und da sind andere Fragen relevant, die heute noch gar nicht gestellt worden sind. Da geht es nicht nur um die Frage, ob wir die Berufe Politiker und Beamter vereinbar machen können. Ich glaube, daß sie teilweise nicht vereinbar sind. Ich bin durchaus mit Ihnen einer Meinung, Herr Kollege Graf, daß man als Beamter der Hoheitsverwaltung, wenn man die klassische Gewaltenteilung nur irgendwie ernst nehmen will, eigentlich nicht hier in diesem Hohen Haus sitzen kann. Und das, meine Damen und Herren, ist noch lange kein Berufsverbot. Das schließt nur für die Dauer der parlamentarischen Tätigkeit aus, diesen Beruf auszuüben – und das ist kein Berufsverbot. Man kann jederzeit wieder in den Beruf zurückkehren.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das Wort "Berufsverbot" in diesem Zusammenhang in den Mund nehmen, dann wissen Sie nicht, was Berufsverbote in der Bundesrepublik Deutschland oder auch in Österreich in der Nachkriegszeit eigentlich waren. Es waren andere Bedeutungen, die diesem Begriff zugrunde gelegt worden sind, sie haben aber nichts damit zu tun, daß es völlig legitim ist für ein Parlament, in einer bestimmten Situation Unvereinbarkeiten festzustellen.

Wenn Herr Abgeordneter Khol sagt, es gehe darum, daß mehr Unternehmer oder Selbständige tätig werden, dann möchte ich ihm zur Antwort geben: Mir geht es nicht nur darum, daß mehr Unternehmer, Selbständige, Bauern oder wer sonst auch immer tätig werden. Es geht zum Beispiel auch darum, daß mehr Behinderte, mehr Frauen hier in diesem Parlament tätig werden, vielleicht auch mehr Schriftsteller – oder daß überhaupt ein einziger Schriftsteller oder ein einziger Arbeiter hier in diesem Haus sitzt. Vielleicht sollten ein paar Angestellte mehr, ein paar junge Leute mehr hier in diesem Hohen Haus sitzen.


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