Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 108

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der Länderbank bekommen haben, ist keine Anwartschaft, sondern das ist ein unbedingter Anspruch, der fällig wird, sobald er nach dem Vertragstext abgerufen wird.

Ich darf Ihnen sagen, Herr Bundeskanzler, weil Sie hier auf einen "Standardvertrag" und auf eine sogenannte Üblichkeit für Spitzenmanager in der Privatwirtschaft verweisen: Derartige Unternehmen, die nicht staatsnahe oder verstaatlicht sind, müssen Sie mir erst nennen. Stellen Sie sich ein privatwirtschaftlich geführtes Unternehmen vor, das einen Manager für drei Jahre Betriebsleitung nicht nur eine Abfertigung für einen wesentlich längeren Zeitraum, nämlich für 15 oder 20 Jahre, gewährt, sondern darüber hinaus eine unbedingte Pensionszusage erteilt, die – Sie verstehen das, Herr Bundeskanzler, Sie sind Absolvent der Wirtschaftsuniversität und Betriebswirt – in einer Bilanz als Rückstellung passiviert werden muß, passiviert werden muß, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ausmaß eines zweistelligen Millionenbetrages. Das ist das Entscheidende!

Sie wissen als ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Bank ganz genau, Herr Bundeskanzler, daß es die oberste Aufgabe eines Vorstandsvorsitzenden ist, den Rechnungsabschluß, den Jahresabschluß zu bestätigen, und Sie wissen sehr genau, daß da die Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden ist. Wenn diese Sorgfalt des ordentlichen Geschäftsmannes angewendet wird – ich zweifle nicht daran, daß das in den Bilanzen der jetzigen Bank Austria gemacht wird –, dann schlägt sich diese Passivpost mit einem zweistelligen Millionenbetrag in diese Bilanz – zugegebenermaßen um jedes Jahr weniger – durch. Das heißt – da wir die genauen Bezüge nicht kennen, sind wir auf Schätzungen angewiesen und können nur grob schätzen –, dieser unbedingte Anspruch auf eine Pension wäre mit einem Betrag von sage und schreibe 30 bis 50 Millionen Schilling, je nach der zugesagten Höhe, zu passivieren gewesen.

Herr Bundeskanzler! Das müssen Sie uns hier erklären! Gestatten Sie mir die Bemerkung, daß ich es absolut nicht gerne habe, wenn man einen Bundeskanzler der Republik Österreich möglicherweise da und dort als Paten einer Privilegienwirtschaft bezeichnen kann. Ich fordere Sie daher auf, endlich reinen Tisch zu machen. Was hindert Sie daran, Herr Bundeskanzler, sich nicht hinter Formalismen zu verstecken, zu sagen, daß das keine Frage der Vollziehung ist? Sie selbst sind betroffen, und als angesprochener Betroffener hindert Sie niemand daran, reinen Tisch zu machen, den Vertrag auf den Tisch zu legen und hier die tatsächliche Lage, wenn es sich anders verhält, zu dokumentieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da gibt es nur eine Interpretation, daß Sie das nicht getan haben, denn die Diskussion um die Ihnen eingeräumten Privilegien, um den Länderbank-Vertrag ist ja nicht neu, die gibt es schon länger: Die Tatsache, daß Sie es bislang verabsäumt haben, dazu Stellung zu beziehen, läßt den Schluß zu, daß unsere Argumentation stimmt.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eines möchte ich Ihnen auch noch, wenn Sie erlauben, ins Stammbuch schreiben. Wer durch den Steuerzahler entlohnt wird – egal, ob direkt vom Bund oder mittelbar über eine staatsnahe Bank –, hat sich einer Kontrolle, hat sich einer Diskussion über seine Bezüge zu stellen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie hier den Versuch unternehmen, sich salopp drüberzuretten, daß die Vertragsklauseln, die Ihnen jetzt zugute kommen – Vranitzky – Geschicklichkeit oder Spitzfindigkeit oder wie es formuliert wurde –, durchaus entsprechen und Sie der Meinung sind, eigentlich liegt da keine "Vranitzky-Klausel" vor, sondern eine "Vranitzky-Falle", dann frage ich mich, wie die Gratifikationen und Bezüge, wie dieser Abfertigungs- und Pensionsexzeß damit vereinbar sind.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Wie erklären Sie das beispielsweise einem Arbeiter der Teerag-Asdag, der im Schweiße seines Angesichts auf der Ringstraße Teer aufbringt und die schädlichen Stoffe einatmen muß? Wie erklären Sie das einem solchen Menschen? Oder haben Sie keinen Kontakt mehr zur arbeitenden Bevölkerung? Wie erklären Sie diesen Abfertigungs- und Pensionsexzeß etwa einem Arbeitslosen oder Unterstandslosen, der in der U-Bahn die Obdachlosenzeitschrift zu verkaufen versucht, um ein paar Groschen zu verdienen?


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