Ich bin geneigt, dieses Gerücht zu glauben. Ich bin geneigt zu glauben, daß Kollege Wabl seit mehr als einem Jahr keine andere Sorge mehr hat, als zu überlegen: Wie beschneiden wir die Rechte der Freiheitlichen? Ich bin zu jeder Schandtat bereit, Hauptsache, wir spielen eine bessere Rolle, wenn wir den Aktionsradius der Freiheitlichen eingeengt haben.
Herr Kollege Wabl! Das ist eine kurzsichtige Rechnung, glauben Sie mir! Denn die Anzahl an Mandaten, die Sie in die Waagschale bringen, bringen wir in den ersten drei Reihen noch allemal in die Waagschale, glauben Sie mir! Und daran wird sich auch in den nächsten Jahren nichts ändern. Wenn Sie so weitermachen, dann werden Sie weiter atomisiert werden, Sie sind ja mittlerweile die fünftgrößte Partei in diesem Hohes Hause, und das zu Recht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)
Denn eine Partei, die sich nur als linker Flügel der SPÖ versteht, um dort ein bißchen linke Flügeldeckung für einen Innenminister zu machen, eine Partei, die ihren Hauptgegner in der freiheitlichen Opposition sieht, eine Partei, die sich in 90 Prozent der Debattenbeiträge – zumindest war das bis vor wenigen Sitzungen so – um niemand anderen so kümmert wie um die Freiheitlichen, ist in Wahrheit keine Oppositionspartei. Sie haben das ja bewiesen, als Sie dieser unglaublichen Geschäftsordnungsreform, die einen – ich kann es nur wiederholen – massiven Anschlag auf den Parlamentarismus darstellt, zugestimmt haben.
Kollege Khol wurde heute schon zitiert. Ich möchte ihm das daher nicht noch einmal antun, denn ich habe mittlerweile schon Mitleid mit ihm. Herr Kollege! Da sehen Sie einmal, welch menschliche Regungen ich habe! Ich habe mit Andreas Khol mittlerweile Mitleid, denn seine Fraktion steht nicht mehr hinter ihm. Intern wird er angeschossen und angefeindet. Er hat es nicht leicht, das muß man sagen!
Außerdem hat er einen Koalitionspartner, der ihn jeden Tag mit einer Zumutung konfrontiert, jeden Tag am Schlafittchen hält, jeden Tag am Nasenring, wie du richtig deutest, Kollege Graf, in aller Öffentlichkeit vorführt. Meine Damen und Herren! Mit einem solchen Klubobmann muß man schön langsam Mitleid haben, auch wenn er noch im Jahre 1986 der wohlbegründeten Meinung war, daß das österreichische Parlament zu wenig Plenartage habe. Damals hat Andreas Khol wörtlich gesagt: Ich kenne kein europäisches Parlament mit so wenigen Plenartagen.
Herr Kollege Khol! Dagegen haben wir gerade Abhilfe geschafft! Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, wie ernst wir Ihre Kritik nehmen! Wir haben uns gesagt: Andreas Khol ist der wohlbegründeten und richtigen Meinung, daß es zu wenig Plenartage gibt. – Und was haben wir gemacht? Wir haben eine Sondersitzung nach der anderen beantragt, zu einem wichtigen Thema nach dem anderen, meine Damen und Herren! Und plötzlich war Andreas Khol der gegenteiligen Meinung! Was ist mit Andreas Khol passiert? Ist er derselben Mutation unterlegen wie Friedhelm Frischenschlager? Das ist unglaublich!
Ich vermute jedoch eher, daß Andreas Khol – wie derzeit die ganze ÖVP – unter den Druck der Sozialisten geraten ist. Der Druck in dieser Koalition muß horrend sein! Man stelle sich nur vor, welchen Kraftakt es gekostet hat, den Pensionselfer, den die ÖVP den Sozialisten vor der Nationalratswahl aufgelegt hat, jetzt im nachhinein zu reparieren, meine Damen und Herren! Aufgrund dieses Pensionselfers, für den Gottfried Feurstein verantwortlich ist, mußte sich die SPÖ quasi in einem Elfmeterschießen durch die Nationalratswahl turnen. Nach der Nationalratswahl wollte Andreas Khol diese schwere Scharte auswetzen. Er hat es geschafft, aber das waren für ihn natürlich enorme Kraftanstrengungen, sodaß er nicht mehr in der Lage war, sich daran zu erinnern, welches Niveau an Parlamentarismus er noch im Jahre 1986 verlangt hat.
Und das tut mir sehr leid, Herr Kollege Khol. Bei den Sozialisten habe ich gleich bei den ersten Besprechungen gemerkt, daß alles vergeblich ist. Die Sozialisten haben auf die Ampelkoalition gesetzt, sie träumen nach wie vor vom Ampelprojekt. Aber bei der ÖVP hatte ich zunächst noch den Eindruck, daß ein Gesprächsinteresse vorhanden ist. Daher tut es mir sehr leid, daß die ÖVP wieder einmal – ich betone das: wieder einmal – umgefallen ist, so sind heute etwa Kollege Amon und Kollege Kukacka umgefallen. Die ÖVP bringt es fertig, ständig umzufallen und be