Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 188

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Redezeiten dazu führen, was meine Vorrednerin als Abschaffung des demokratischen Rederechts bezeichnet hat? Ist eine kürzere Redezeit, wie Ihr Erstredner gesagt hat, ein Schritt in die Richtung, daß man jemanden gar nicht mehr reden lassen will? – Ich glaube, es wäre falsch zu sagen, daß die Tatsache, daß man lang reden kann, unbedingt ein Mehr an Demokratie bedeutet. Ich glaube, die Frage besteht darin, ob man überhaupt die Möglichkeit hat, seine Meinung zu äußern, und welche Zeitspanne die angemessene Zeit dafür ist, einen Punkt im Parlament zu beleuchten, eine Frage zu stellen et cetera. (Abg. Ing. Meischberger: Was ist, wenn jeder freiwillig kürzer redet?)

In fast allen Parlamenten ist man von der früheren Form, daß lange, schöne Reden gehalten wurden, die dann auch in den gesammelten Reden und Schriften prominenter Parlamentarier veröffentlicht wurden, übergegangen zu einer kürzeren Darstellung. Denn dies ermöglicht erstens eine stärkere Wechselrede, und zweitens gibt man mehr Personen die Chance, an einer Debatte teilzunehmen. Im Europäischen Parlament und in fast allen nationalen Parlamenten beträgt die Redezeit bei Debatten zwischen 5 und 10 Minuten. Und das reicht meistens auch aus, vielleicht nicht in jedem Fall für den Erstredner, aber es ist so meist genügend Zeit vorhanden, daß man einen Gedanken formulieren, einem Kreis von Zuhörern näherbringen und seine Haltung äußern kann. – Das ist meiner Meinung nach das wesentliche.

Wirklichkeit ist ja heute nicht nur das, was sich wirklich abspielt. Auch das Abbild der Wirklichkeit wird in dieser Mediengesellschaft sehr oft zur Wirklichkeit selbst. Und diese Wiedergabe der Wirklichkeit verkürzt die Reden noch um einiges. Prinzipiell wäre es daher ausreichend, einen prägnanten Satz hier vom Rednerpult aus zu sagen. Denn mehr kommt weder in Zeitungen noch im Fernsehen oder im Radio durch.

So weit wollen wir natürlich nicht gehen. Aber ich glaube, es ist gut, wenn wir die Möglichkeit bieten, in kurzen Beiträgen seine Meinung zu äußern. Das erfordert dann natürlich, liebe Vorrednerin und andere Betroffene, auch wirklich die freie Rede.

Ich glaube, die Sorge, die Sie haben, ist also wirklich nicht berechtigt. Diese Reform wird vielmehr zu einer besseren Einteilung der Arbeit, zu einem vernünftigeren Ablauf der Sitzungen, zu einer besseren Debatte und daher auch zu einer besseren parlamentarischen Kultur insgesamt mit mehr Chancen für den einzelnen Abgeordneten führen. Und aus diesem Grund sind wir dafür! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte noch zwei weitere kurze Anmerkungen machen:

Ich glaube, wir sollen uns auch überlegen, wie wir die technischen Möglichkeiten in Zukunft verbessern. Ich glaube, die Abläufe des heutigen Tages haben wieder gezeigt, daß mit einer automatischen Abstimmungsanlage manches wahrscheinlich noch deutlicher, schneller und besser zu machen wäre.

Jetzt äußere ich noch meine Privatmeinung. Ich spreche jetzt nicht im Namen der Fraktion, denn das ist noch nicht ausdiskutiert. Ich persönlich glaube auch, daß wir uns überlegen sollten ... (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Es gibt noch eine Möglichkeit! Wir schaffen die namentliche Abstimmung ab!) Herr Kollege! Ich möchte meinen Gedanken zu Ende führen! Stören Sie mich jetzt bitte nicht! Sie können nachher dann rufen! – Ich glaube, daß es auch wichtig wäre, daß wir uns überlegen, ob jener inhaltliche Abstimmungsvorgang bei Gesetzen, also jenes sklavische Festhalten – wie ich es nennen möchte – an kelsenianischen Entitäten, wirklich notwendig ist. Viele andere Parlamente machen das viel einfacher und kommen auch zu Gesetzen, und der Staat funktioniert auch. Ich glaube daher, wir sollten uns für die Zukunft auch vornehmen, daß wir darüber noch in aller Ruhe sprechen. Mit all den Verbesserungen der Arbeitsmöglichkeiten, auch der Parlamentsmitarbeiter der letzten Jahre, mit dieser Geschäftsordnung und mit weiteren Überlegungen werden wir sicherlich zu einem Parlament kommen, das seine Arbeit besser leisten kann. Und wenn das Parlament seine Arbeit besser leistet, dann ist das auch besser für einen Staat und für eine Demokratie! (Beifall bei der SPÖ.)

23.47


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