Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 34. Sitzung / Seite 192

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vorhandenen und durch die Geschäftsordnung ermöglichten Mittel das Zustandekommen eines ihr nicht genehmen Beschlusses zu verhindern trachtet.

Als Mittel zur Erreichung dieses Zieles gelten Dauerreden (Abg. Mag. Stadler: Die Grünen!) , die klassische Form der Obstruktion, der Versuch, durch Absenz das zur Beschlußfähigkeit notwendige Quorum zu verhindern (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen) , das dauernde Einbringen neuer Anträge (Abg. Mag. Stadler: Ja, durch die Regierung!) , die häufige Herbeiführung von Abstimmungen, möglichst in der aufwendigen Form namentlicher Abstimmungen, sowie die exzessive Nutzung des parlamentarischen Frage- und Interpellationsrechtes. (Abg. Haigermoser: Und die verfassungsmäßige Gesetzgebung rückwirkend!)

Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Haigermoser! Diese Definition, die ich gerade vorgelesen habe, beschreibt nicht das Verhalten einer Fraktion in diesem Haus, sondern diese Definition stammt bereits aus dem Jahr 1910 von Oswald Koller. Ähnlichkeiten mit heutigem Verhalten sind aber nicht nur zufällig, sondern beabsichtigt. (Abg. Scheibner: Aber damals war es die Opposition, jetzt ist es die Regierung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Lieber Herr Kollege Bauer! Der Oswald Koller hat eine Schrift verfaßt: "Die Obstruktion – Eine Studie aus dem vergleichenden Parlamentsrecht". Sie wurde 1910 herausgegeben. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Na und?! – Abg. Scheibner: Da war noch die schöne Monarchie! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Khol: Scheibner, da schaust du! Eine gescheite Frau!) Und diese Definition der Obstruktion zeigt ganz deutlich, wie notwendig Geschäftsordnungen sind, um einen effizienten Parlamentarismus zu gewährleisten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Die Ähnlichkeit dieser damaligen Definition mit heutigen Verhältnissen oder mit Verhältnissen der vergangenen Monate (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Wer hat das geschrieben? Das wird ein beauftragter Schreiberling gewesen sein!) , Herr Kollege Bauer, ist nicht zufällig. Ich empfinde nämlich das Verhalten der freiheitlichen Fraktion schon länger als obstruktiv.

Die heutige Sondersitzung ist ein klassischer Fall. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Für spätes Nachhausekommen!) In einer Sitzung, in der das Bezügegesetz debattiert wird, eine dringliche Anfrage zum selben Thema einzubringen, ist in meinen Augen zwar formal gerechtfertigt, aber materiell-rechtlich ein Mißbrauch der Geschäftsordnung. Und wie ernst Herr Dr. Haider dieses Hohe Haus nimmt, beweist diese Einladung, meine sehr verehrten Damen und Herren! Hier lädt Herr Dr. Haider zu einem gemütlichen Info-Sommerabend ein (Ruf: Wann?) , im kleineren Kreis. (Rufe: Wann? Wann? – Abg. Dr. Leiner: Das rechtfertigt eine Sondersitzung!) Morgen abend, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Parnigoni: Da gehen wir alle hin! – Abg. Dr. Khol: Da gehen wir alle hin!) Dort gibt es nämlich Gelegenheit, mit Herrn Dr. Haider in lockerer Atmosphäre das eine oder andere Hintergrundgespräch zu führen. (Abg. Dr. Khol: Ach so! In lockerer Atmosphäre! – Abg. Dr. Mertel: Wo? – Abg. Dr. Khol: Wo ist das?) Also für alle, die den Dr. Haider morgen zu gewissen Hintergründen befragen wollen: Schweizerhaus im Wiener Prater, eine sehr stimmige Gegend. (Lebhafte Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Dr. Mertel: Der Haider geht, das Stimmvieh bleibt da!)

Daß Herr Dr. Haider das Hohe Haus nicht wirklich ernst nimmt, beweist nämlich diese Einladung zu einem Zeitpunkt, wo wir morgen hier die Sozialdebatte abführen werden. (Abg. Ing. Meischberger: Aber, Frau Kollegin, er nimmt dieses Haus so ernst, daß er nicht barfuß herumläuft!) Zugunsten einer Schlagzeile interessiert nämlich Herrn Dr. Haider die Sozialdebatte nicht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Meischberger, kennst du den Begriff "Praterstrizzi"? – Abg. Dr. Partik-Pablé: Gehen Sie morgen auch ins Schweizerhaus? – Abg. Schwarzenberger: Alle gehen wir hin!)

Wenn ich von obstruktivem Verhalten spreche, dann ist auch diese Schlagzeile obstruktiv gewesen, Herr Kollege Meischberger. (Abg. Ing. Meischberger: Aber die Schuhe hat er nie ausgezogen!) Ich meine nämlich hier den Mißbrauch der parlamentarischen Instrumente.

Auch wenn die Ausnutzung aller Geschäftsordnungsinstrumente durch die Opposition für die Regierungsparteien oft mühsam ist, so sind Minderheitenrechte dennoch unverzichtbarer Teil


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