Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 56

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Administrationsaufwand die diversen zahlreichen Selbstbehalte im österreichischen Gesundheitswesen tatsächlich verursachen.

Herr Minister! Da bin ich bei einem anderen Punkt, den ich auch noch besprechen will: Sie wollen jetzt dem Hauptverband die Controlling-Funktion zuteilen. Herr Minister! Den Hauptverband, der sich bisher dadurch "ausgezeichnet" hat, daß er eigentlich nur als Bürokratie funktioniert hat, der in keiner Weise dazu geeignet war, sich die entsprechenden statistischen Grundlagen zu erarbeiten, wozu er durchaus in der Lage gewesen wäre – beispielsweise hätte gerade im Bereich der Selbstbehalte eine effektive Kostenanalyse erstellt werden müssen –, diesem Hauptverband das Controlling zuzueignen, finde ich etwas verwegen, und zwar aus mehrerlei Hinsicht. Ich komme wieder auf diese Debatte im Jahr 1960 zurück. Im Jahr 1960 hat sich der Nationalrat gegen die Einhebung von Krankenscheingebühren und für die Erhöhung der Versicherungsbeiträge entschieden. Aber damals hat der Nationalrat zu dieser Erhöhung der Versicherungsbeiträge einen wesentlichen Vorbehalt abgegeben. Und das ist ein Punkt, über den wir im Zusammenhang mit dem Controlling durchaus auch reden sollten. Er hat damals im Jahr 1960 gesagt: Wir beschließen diese Erhöhung der Versicherungsbeiträge einmalig hier im Parlament, weil die Erhöhung von Versicherungsbeiträgen beziehungsweise die Finanzierungsangelegenheiten der Sozialversicherung Aufgabe der Selbstverwaltung ist. Damals war die Finanzierung der Krankenversicherungen Aufgabe der Selbstverwaltung, und das Parlament hat gesagt: Einmal machen wir eine Ausnahme, aber das soll nie wieder vorkommen.

Wir wissen, wo wir heute stehen: Die Selbstverwaltung hat nicht mehr die Finanzierungshoheit, das wird hier und heute im Parlament beschlossen – oder auch nicht beschlossen im Bereich der Versicherungsbeiträge. Das ist ein Problem. Wir sind einen Schritt weggegangen von der Selbstverwaltung, und wir gehen einen gewaltigen Schritt weiter weg von der Selbstverwaltung, wenn wir diese Controlling-Funktion dem Hauptverband zuteilen.

Es mag irgendwie ganz unbedeutend erscheinen, daß der Hauptverband der Sozialversicherungsträger als die Superbürokratie auf einmal auch dieses Controlling erhält. Da halte ich es mit der Arbeiterkammer Oberösterreich und auch mit den Vorarlbergern, die sagen: Statt eine zentrale Bürokratie aufzublähen, sollte man überlegen, ob man den Hauptverband überhaupt braucht. Das ist eine wichtige Frage.

Die Frage im Hintergrund ist: Wollen wir den Weg der weiteren Aushöhlung der Selbstverwaltung weitergehen, so lange, bis wir tatsächlich nur mehr eine Sozialversicherungsinstitution für ganz Österreich haben, nämlich den Hauptverband, der die Selbstverwaltung überflüssig macht, weil es dann wirklich nichts mehr zu regeln gibt für die Selbstverwaltung? Oder wollen wir den durchaus vernünftigen Weg einer regionalen und fachlichen Gliederung der Sozialversicherungsinstitutionen überlegen, möglicherweise neue Gliederungselemente diskutieren, etwa im Bereich der Unfallversicherung, wo es Sinn machen würde, einen einheitlichen Unfallversicherungsträger zu haben, und damit einen erfolgreichen Weg für Österreich fortsetzen?

Herr Minister! Ich bin nicht davon überzeugt, daß es Sinn macht, eine zentrale Bürokratie aufzublähen, eine zentrale Bürokratie mit Controlling-Aufgaben zu stärken zu Lasten der Autonomie der Selbstverwaltung von gut funktionierenden Krankenversicherungen. Es haben sich vor allem zwei Krankenversicherungen gegen diese Controlling-Funktion jetzt gewendet, die beide zu den bestfunktionierenden Krankenversicherungen gehören. Das ist die Vorarlberger Gebietskrankenkasse, die schwarze Zahlen schreibt, und das ist die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, die zwar keine schwarzen Zahlen schreibt, aber auf dem Weg dorthin ist, und zwar, wie ich meine, mit einem durchaus vernünftigen Konzept.

Ich weiß nicht, warum sich sieben andere Gebietskrankenkassen bis jetzt noch nicht gemeldet haben, warum sie es sich gefallen lassen, daß diese Controlling-Funktion vom Hauptverband wahrgenommen wird, aber eines weiß ich ganz sicher: Wenn diese Controlling-Funktion tatsächlich der Hauptverband erhalten soll, dann bedeutet das eine Zunahme an zentraler Bürokratie und eine weitere Schwächung der Selbstverwaltung.


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