Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 57

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Herr Minister! Zum letzten Mal zum Thema Beitragserhöhung: ja oder nein. Es muß in diesem Zusammenhang gesagt werden – es ist schon öfter gesagt worden –: Die Beitragserhöhung, die die Regierungsparteien heute für die Pensionisten beschließen wollen, ist ein klarer Bruch eines Wahlversprechens, das Ihre Regierung, das der Herr Bundeskanzler vor den Wahlen gegeben hat. Diese Beitragserhöhung für Pensionisten schmerzt nicht so sehr wegen ihrer Höhe, obwohl das für die einzelnen Pensionisten, vor allem für die mit geringen Pensionen, durchaus ein Problem ist, sondern schmerzt deswegen, weil klar ist, daß Sie nicht bereit waren, einer ganz wichtigen Gruppe in Österreich, die vor allem Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei, das Vertrauen gegeben hat, das Vertrauen wieder zurückzugeben. Sie haben das Vertrauen, das in Sie gesetzt wurde, gebrochen. Das ist der klare Bruch eines Wahlversprechens. Es ist eine unsoziale Regelung, die Sie auf der anderen Seite dieser Gruppe von Pensionisten anbieten, nämlich die Befreiung von den Krankenscheingebühren. Ich habe das schon öfter gesagt, es gibt unter den Pensionisten – Herr Kollege Nürnberger, du weißt das – nicht nur die kleinen Pensionisten, sondern es gibt auch die Pensionisten mit Mehrfach-Pensionen, die auf 70 000, 80 000 S Pension kommen. Und ich sehe nicht ein, warum ein Pensionist mit 70 000, 80 000 S Pension im gleichen Ausmaß, wenn es schon eine Krankenscheingebühr gibt, wenn es schon dieses unsoziale Instrument gibt, von der Krankenscheingebühr befreit ist. (Zwischenruf der Abg. Silhavy .)

Frau Kollegin Silhavy, ich weiß nicht, was Sie da so witzig daran finden, daß es tatsächlich diese Krankenscheingebühr gibt. (Abg. Silhavy: Des ASVG-Pensionisten mit 70 000, 80 000 S, den zeigen Sie mir einmal!) Mit Zusatzpensionen ist das selbstverständlich möglich, auch im ASVG-Bereich. – Ich weiß schon, daß ein ASVG-Pensionist von sich aus nicht 70 000, 80 000 S erhalten kann. Aber soll ich Ihnen die Fälle aus Ihrem Bereich nennen, Frau Kollegin Silhavy, die tatsächlich 70 000, 80 000 S an Pension bekommen? Ich könnte sie Ihnen nennen, verzichte aber darauf.

Ich meine: Wenn man einigermaßen ehrlich über die Frage von Pensionen, von Krankenscheingebühren hier in diesem Haus diskutieren würde, dann müßte man auch darüber diskutieren, daß diese Gebühr eine unsoziale Maßnahme für die Pensionisten darstellt. Es macht keinen Sinn, es ist unsozial, es ist ineffektiv. – Punkt. Ich schließe dieses wirklich unerfreuliche Kapitel.

Herr Minister! Ich gestehe Ihnen zu, daß Sie im Bereich der Sanierung der Krankenkassen einige Schritte, was die Kostendämpfung betrifft, gesetzt haben, die mir durchaus sinnvoll erscheinen, die ich auch befürworte und immer befürwortet habe, etwa im Bereich der Medikamente, etwa im Bereich der Hausärzte beziehungsweise der ärztlichen Kosten insgesamt. Aber ich hätte mir gewünscht, Herr Minister, daß Sie den Mut gehabt hätten, das auch im Zusammenhang mit einem grundsätzlichen strukturellen Schritt zu sehen, mit grundsätzlichen strukturellen Maßnahmen, die die Stellung des Hausarztes zum Beispiel aufwerten, die dem Hausarzt im Bereich der Beratung und Betreuung grundsätzlich neue Funktionen zuweisen. (Das rote Licht beim Rednerpult beginnt zu blinken.) Ich weiß jetzt nicht, was das Blinklicht bedeutet.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Daß die freiwillige Redezeit aus ist. – Sie können aber ruhig weitersprechen.

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Danke, Herr Präsident.

Ich möchte vom Krankenwesen und der Situation der Krankenkassen übergehen zu einem Bereich, der heute in der Debatte schon angesprochen wurde, nämlich die Werkvertragsregelung.

Meine Damen und Herren! Mit der grundsätzlichen Intention, die am Beginn der Werkvertragsregelung gestanden hat, nämlich die Flucht aus dem Arbeits- und Sozialrecht zu verhindern beziehungsweise jenen, die unter prekären Verhältnissen beschäftigt sind, auch eine arbeits- und sozialrechtliche Absicherung, einen Schutz zu bieten, mit dieser grundsätzlichen Intention stimme ich überein. Aber das, was Sie aus diesem grundsätzlichen Anliegen gemacht haben, trägt dem meiner Ansicht nach fast in keiner Weise und in keinem Punkt mehr Rechnung.

Ich brauche jetzt nicht noch einmal zu diskutieren, was in den vergangenen Monaten schon oft genug gesagt wurde: Sie haben zahlreiche Ausnahmen geschaffen, die durch nichts zu recht


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