Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 79

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Strukturanpassungsgesetz und jetzt mit den sämtlichen Veränderungen und Kostenbeiträgen der Patienten und der kranken Menschen passiert ist, kann ich Ihren Leitsatz: Sicherung der Qualität im Gesundheitsbereich, nicht teilen. Mein Satz lautet – er wird auch von Ärztekammerpräsident Michael Kopitz bestätigt –: Es geht hier nicht um Qualität im Gesundheitsbereich, sondern es geht ausschließlich nur mehr darum, daß man den Markt in diesem Bereich zurückdrängen und die Macht noch stärker ausbauen will.

Man verdrängt die privaten Leistungsanbieter im Gesundheitsbereich und will alles über die Sozialversicherung und über die Länder geregelt haben.

Ich kann Ihnen das anhand einiger Beispiele erklären, auch Herr Kopitz schreibt dies in seinem Bericht. Ab 1. Juli müssen im Rahmen der Sozialversicherung die Patienten bei Kuraufenthalten einen Selbstbehalt bezahlen. Daraus ergibt sich notgedrungen, daß sich viele Menschen wahrscheinlich in Zukunft keine Kur mehr leisten können. Sie wissen, daß die Kuranstalten in Österreich großteils den Sozialversicherungsanstalten als Träger gehören, aber es gibt auch private Kurheime, die mit den Sozialversicherungsträgern Verträge geschlossen haben, in denen sich auch Kurpatienten befinden. Nach Ihrem neuen Modell, wonach die Zahl der Kuraufenthalte sicher zurückgehen wird, heißt das folgendes: Sie werden versuchen, die Leute in Ihren sozialversicherungseigenen Kuranstalten unterzubringen, und alle anderen privaten Kuranstalten werden über kurz oder lang nicht mehr existieren können. Hier werden Sie zum Beispiel den Markt ausschließen.

Sie werden in Zukunft auch den Markt der Hauskrankenpflege ausschließen. Dieser Bereich ist nirgends geregelt, und keiner weiß, wie die Finanzierung der Hauskrankenpflege in Zukunft ausschauen soll. Niemand ist dafür zuständig, es gibt kein Konzept, es gibt auch keine Verantwortlichen dafür, daß Hauskrankenpflege als Pflichtleistung dem Patienten angeboten werden muß und soll. Auf der anderen Seite ist es aber so, daß Menschen, die im Spitalsbereich untergebracht sind, klaglos finanziert werden, während ambulante Hauskrankenpflege seit kurzem in der Luft hängt.

Ihrem Leitbild, Sicherung der Qualität im Gesundheitsbereich, können Sie nicht Rechnung tragen, weil gerade im Bereich der Psychotherapie massive Einsparungen geplant sind. Das hat jetzt nichts mit der 53. ASVG-Novelle zu tun, aber es sind in diesem Bereich Kürzungen von 50 Millionen auf 36 Millionen Schilling vorgesehen. Das heißt, die Psychotherapie ist Ihnen in Zukunft wieder viel weniger wichtig als bisher, obwohl klar ist, daß der Vorfeldbereich Psychotherapie ein wichtiger Bereich war, um Langzeitschäden und lange Krankenhausaufenthalte auszuschließen.

Ich habe diesbezüglich vom Steiermärkischen Landesverband für Psychotherapie einen Brief bekommen, in dem ganz genau das steht, was in Zukunft eintreten wird.

Ich zitiere: Je weniger für die Behebung von psychischen, psychosomatischen und psychosozial bedingten Krankheitszuständen ausgegeben wird, desto höher werden die gesamten Gesundheitskosten steigen. Dieses Argument möchte ich mit einem Beispiel aus meiner Praxis untermauern.

Vor etwas mehr als einem Jahr begann eine Frau mit Psychotherapie. Sie hatte bereits vier Selbstmordversuche mit anschließenden wochenlangen Aufenthalten in der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie hinter sich. Die Psychotherapie brachte einen sexuellen Mißbrauch ans Tageslicht, mit dem man sich intensiv auseinandersetzte. Die Klientin ist jetzt ohne stationären Aufenthalt und ohne Medikamente relativ stabil. Die Gesamtkosten der Psychotherapie beliefen sich auf etwa 30 000 S, im konkreten Fall kostet jeder Krankenhausaufenthalt der Klientin mehr als ein ganzes Jahr erfolgreicher Psychotherapie. Das ist Tatsache.

Die Psychotherapie hat erfahrungsgemäß wirklich große Vorsorgewirkung, sodaß langfristige Aufenthalte in stationären Einrichtungen nicht mehr notwendig sind. Das heißt, Psychotherapie sollte bereits im Vorfeld der Behandlung und Heilung von Krankheiten angeboten werden. Aber auch diese Möglichkeit wird in Zukunft gekürzt werden, und das heißt konkret, daß Sie damit wieder den Aufenthalt in stationären Einrichtungen verlängern werden.


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