Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 139

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oder sich alleine so hochzurüsten, daß man auch das Abschreckungspotential gegen alle möglichen Aggressoren gestalten kann. (Abg. Dr. Cap: Warum hören Sie Stimmen?)

Herr Kollege Cap! Von Ihnen kommt immer der Zwischenruf: Welche Bedrohungen sind denn zu bewältigen? Dann kommt der Herr Bundeskanzler gemeinsam mit den Grünen und sagt, es geht eigentlich um soziale Fragen, um Umweltfragen. Meine Damen und Herren! Können Sie es wirklich ausschließen, daß in den nächsten fünf Jahren, in den nächsten zehn Jahren an Österreichs Grenzen wieder Konflikte entstehen? Können Sie das wirklich ausschließen?

Hätte vor 10 oder 15 Jahren jemand vorhersehen können, daß 1991 an unseren Grenzen gekämpft wird, daß im ehemaligen Jugoslawien ein fürchterlicher Bürgerkrieg stattfindet? Hätte man damals Garantien abgeben können, daß das alles nicht passiert und daß eine militärische Landesverteidigung nicht notwendig ist? Wer würde denn heute die Verantwortung für diese Garantien übernehmen? Können Sie diese Garantien abgeben, und übernehmen Sie dann die Verantwortung, wenn Ihre Prognose nicht eintritt? Ich glaube, daß das nicht möglich ist. Wir als verantwortliche Politiker in Österreich müssen uns auf den Fall, der derzeit nicht aktuell, aber auch nicht auszuschließen ist, vorbereiten wie bei einer Versicherung. Jetzt in Friedenszeiten für unsere Sicherheit sorgen, das muß uns etwas wert sein, und dazu müssen wir auch Dogmen aus der Vergangenheit überwinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir sind der Meinung, meine Damen und Herren, daß die NATO und die Teilnahme an gemeinsamen Sicherheitssystemen nichts mit Instrumenten des kalten Krieges und mit militärischer Aggression zu tun haben, sondern daß es ganz einfach das Gebot der Stunde ist, daß wir gemeinsam mit den anderen westlichen Staaten solidarisch Sicherheit in Europa schaffen und gemeinsam mit den anderen Staaten auch für unsere Verteidigung einen Beitrag leisten.

Sie können auch nicht so tun, als ob noch nicht absehbar ist, was sich in Europa entwickeln wird. Die Weichen sind doch schon längst gestellt. Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft, die Staaten der NATO, die Staaten der Westeuropäischen Union haben doch schon festgehalten, daß sich nichts Neues in Europa entwickeln wird, daß man keine neue Struktur aufbauen wird, sondern daß die vorhandenen Institutionen weiterentwickelt werden, daß sie erweitert werden und daß man aus diesen vorhandenen Institutionen eine Sicherheitsarchitektur bauen wird.

Jetzt geht es auch darum: Sind wir bei dieser Neuordnung, bei dieser Weiterentwicklung der vorhandenen Instrumente dabei, oder beobachten wir nur von außen? Der Herr Bundeskanzler hat gesagt, wir sind dabei, wir gestalten mit. Wie kann man mitgestalten, Herr Bundeskanzler, wenn man von außen zusieht und sagt, wir beobachten zwar, aber wir sind nicht bereit, als Mitglied auch wirklich solidarisch mit allen Rechten und Pflichten einen Beitrag dazu zu leisten. Das können Sie mir nicht erklären. Es ist auch schon rein optisch für uns erkennbar, wie die Situation läuft, Herr Bundeskanzler!

In den Gremien, in denen wir als Beobachter vertreten sind, sitzen wir in der letzten Reihe und hören zu, wie Staaten wie Albanien, Moldavien, Rußland, Rumänien das Rederecht haben und Anträge stellen, in die politischen Gremien der NATO und der anderen Verteidigungssysteme vollintegriert sind. Wir sind hier Schlußlicht, Herr Bundeskanzler! Die Staaten des ehemaligen Ostblocks, die Staaten des ehemaligen feindlichen Bündnisses haben uns bei der Integration in die westliche Verteidigungsstruktur längst überholt. Das ist Ihre Verantwortung. Durch Ihr Zögern, durch Ihr Zaudern, mitverantwortet auch durch die ÖVP, die das zugelassen hat, sind wir hier auf das Abstellgleis gekommen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb wäre dies ein Gebot der Stunde. Kommen Sie jetzt nicht mit den Argumenten Atomwaffen und Stationierung fremder Truppen. Da ist man doch schon längst weiter. Die NATO hat schon festgehalten, daß bei den neuen Mitgliedern keine Atomwaffen stationiert werden, daß mit großer Wahrscheinlichkeit auch keine neuen Truppen stationiert werden. Da ist man schon wesentlich weiter.


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