geben –, und diese irrationale Haltung der Öffentlichkeit müsse man zur Kenntnis nehmen und mir ihr sachte und sanft umgehen.
Das war genau auf den Punkt gebracht das, was eigentlich die Regierungspolitik ist: Schritt für Schritt, immer genau schauend, wie verträglich diese Schritte in Richtung NATO in der Öffentlichkeit sind, wird eine scheibchenweise Aufgabe der Neutralität verwirklicht.
Was mir gut gefallen hat – das muß ich auch sagen – an der Rede des Bundeskanzlers, war die Darstellung seines Sicherheitsbegriffes, nicht nur reduziert – das hat er sehr klar und deutlich ausgedrückt, das hat ihn von manchen Nachrednern, etwa von denen der Freiheitlichen und der ÖVP, sehr unterschieden – und konzentriert auf den militärischen Begriff, sondern sehr wohl etwa auf soziale Komponenten, auf arbeitsmarktpolitische Komponenten und auf ökologische Fragen ausgedehnt.
Es ist wichtig, dies in diesem Land sehr klar und deutlich zu formulieren, es müßte aber natürlich auch eine konkrete Konsequenz in der Realpolitik haben. Und wenn der Bundeskanzler meint – zu Recht meint, so wie wir –, daß etwa die Frage der Beschäftigungspolitik in Europa eine zentrale sicherheits- und friedenspolitische Frage ist, daß etwa die Frage der Entschärfung der Atomkraftwerke in Europa eine zentrale sicherheitspolitische Frage ist, dann frage ich mich: Wie sollen denn diese beiden hehren Ziele tatsächlich erreicht werden, wenn gleichzeitig wesentliche der NATO beitrittswillige Länder mit massiven Mehrkosten belastet werden, falls sie der NATO tatsächlich beitreten? Wie sollen sie denn dann noch eine engagierte Beschäftigungspolitik betreiben können? Wie sollen sie denn dann noch den notwendigen Umbau von lebensbedrohenden Atomreaktoren finanzieren können?
Wir haben heute sehr klar thematisiert – dieser Zahl wurde von niemandem widersprochen –, daß nach einer Studie des Pentagons für den Fall, daß die potentiellen Neumitglieder der NATO Polen, Tschechien und Ungarn beitreten würden, diese Armeen natürlich auf NATO-kompatible Waffensysteme umgestellt werden müßten und dies nach Schätzungen des Pentagons Kosten von 124 Milliarden Dollar verschlingen würde. Was glauben Sie, was dies für die Handlungsmöglichkeiten dieser Länder im Bereich der Entschärfung der Atomreaktoren, im Bereich des Umbaus dieser nuklearen Zeitbomben, im Bereich einer offensiven Beschäftigungspolitik bedeuten würde? Damit wäre der Handlungsspielraum in diesen wesentlichen sicherheitspolitischen Feldern gleich null und entscheidend reduziert. (Abg. Scheibner: Diese Länder müssen ja nicht NATO-Mitglied werden! Sie wollen es ja selber!)
Und da muß man sich entscheiden: In welche Richtung wird Österreich initiativ? Läuft es hier mit in diesem FPÖ-Drang in jedes Waffensystem, hinein in Richtung NATO, hinein in Richtung wesentliche Erhöhung der Verteidigungsbudgets – auch des österreichischen Verteidigungsbudgets –, oder werden von österreichischer Seite Initiativen in Richtung anderer sicherheitspolitischer Maßnahmen, etwa im Bereich der Beschäftigungspolitik, im Bereich der Ökologie, im Bereich der Entschärfung der Atomreaktoren Europas, vor allem auch Osteuropas gesetzt? Das ist die entscheidende Frage: Welche Impulse kommen in dieser Situation von der österreichischen Bundesregierung, von Österreich insgesamt?
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen in unserer Anfrage auch ein Faktum vorgerechnet, auf das keiner der Nachrednerinnen und Nachredner eingegangen ist, nämlich das Faktum, daß ja Österreich – Gott sei Dank nach einigen Jahren heftigen Drucks der Grünen – in der Antiatomfrage eine klare Haltung hat und auch einige Initiativen gesetzt hat, mit denen wir durchaus einverstanden waren. Sie waren unserer Ansicht nach zu lasch, zu lau, aber es ist Aufgabe einer grünen Opposition, Druck zu machen in diesem Zusammenhang. Dennoch: Schauen wir uns doch an, was mit nur marginalen Summen des NATO-Budgets in Richtung Entschärfung der gefährlichsten Atomreaktoren Osteuropas geschehen könnte.
Mit nur 2 Prozent des NATO-Budgets, meine sehr verehrten Damen und Herren – das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, mit nur 2 Prozent eines einzigen NATO-Budgets könnten alle Reaktorblöcke der zwölf gefährlichsten Atomkraftwerke entschärft werden,