Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 203

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Aber für mich, meine Damen und Herren, steht das Conti-Management – und das muß ich schon auch sagen – im Lichte einer schiefen Optik. Mag sein, daß die Verträge schlampig erstellt worden sind, mag sein, daß sich das Conti-Management nicht an alles gehalten hat, was vertraglich vereinbart wurde. Es mag aber auch durchaus sein, daß das eine oder andere übersehen wurde, und daß daher jetzt das Unternehmen heute aus seiner Sicht das Beste zu versuchen glaubt.

Ich glaube aber, daß diese schiefe Optik aus mehreren Gründen entstanden ist. Ich persönlich habe die Vermutung, daß man jetzt auf seiten des Conti-Managements durch diesen Transfer nach Tschechien versucht, diese Art des Förderungstourismus in Tschechien nochmals zu wiederholen, versucht, ganz schnell noch, im letzten Abdruck, bevor die Tschechische Republik der Europäischen Union beitritt, noch einmal ähnliche Aufbauförderungen zu erreichen.

Auch das – kann man sagen – ist noch legitim, wenn nicht auf der gleichen Seite den Österreichern doch relativ übel mitgespielt werden würde. Denn die Absichten sind schon leicht zu durchschauen: Auf der einen Seite stehen 3,5 Milliarden an Schließungskosten, die das Unternehmen bedrohen, auf der anderen Seite versucht man jetzt durch diese Salamitaktik, durch dieses scheibchenweise Abschneiden der Produktion und der Entwicklungsaktivitäten eine billige Variante zu finden, daß man die 3,5 Milliarden Schilling nicht zahlen muß, wenn es wirklich ans Eingemachte geht, ans unternehmerisch Eingemachte geht und ein Standort fallen muß.

Ich persönlich glaube, daß diese Entscheidung falsch wäre, und zwar nicht nur volkswirtschaftlich falsch, nicht nur rechtlich falsch, sondern auch betriebswirtschaftlich falsch. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Warum, meine Damen und Herren? – Alle haben gewußt, daß Semperit ein teurer Standort ist, aber ein Standort mit Qualität, mit Qualitätsbewußtsein, mit einem hochwertigen Produkt. Alle haben gewußt, daß Semperit in Traiskirchen Reifen teurer als in den Billiglohnländern Europas, teurer als in Osteuropa produziert, aber billiger als in Deutschland, billiger als in England, billiger als in etlichen anderen Hochlohnländern Europas. Alle wissen, daß in Traiskirchen die Qualität vergleichbar ist mit jener in Deutschland. Daher: Wenn schon Überkapazitäten auf diesem Markt vorhanden sind, dann wäre es doch auch aus unternehmerischer Sicht sinnvoll, zunächst die allerteuersten Kapazitäten zu reduzieren. Die allerteuersten Kapazitäten stehen aber in Deutschland. Und das schaue ich mir an, ob es Herr Grünberg politisch durchsteht, ob er es im Heimatland Deutschland angesichts der politischen Lobby in Deutschland durchsteht, dort einen Standort zu schließen. Also geht man den bequemeren Weg – oder versucht es zumindest –, das in Österreich zu tun. Ich glaube nicht, daß das für einen international tätigen Konzern gescheit ist (Abg. Dr. Graf: Kollege Haselsteiner meint aber etwas anderes!) , aber wenn die Herren glauben, sie müssen das probieren: Ich glaube, die österreichische Politik weiß sich zur Wehr zu setzen.

Meine Damen und Herren! Wir können durch Rundumschläge Überkapazitäten und wirtschaftliche Probleme nicht abbauen, nicht beseitigen. Wir können auch die verlorengegangene Marke für Österreich, für dieses Werk in Traiskirchen nicht herbeizaubern. Es wird schwierig sein – ich glaube nicht, daß es so leicht möglich ist, wie die Freiheitlichen in ihrem Antrag angekündigt haben –, den Österreichern sozusagen zu ihrem Recht zu verhelfen, aber es müssen alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen werden, und der Bogen dieser Möglichkeiten ist weitgespannt.

Meine Damen und Herren! Dieser Bogen reicht von einem regelrechten Interventionskonzert bei den führenden Wirtschaftskapazundern in Deutschland, bei Bangemann in der Europäischen Union bis hin auch zur Prüfung einer Variante, den Standort mit Hilfe des internationalen Kooperationspartners und Beteiligungspartners zu halten. Und das erscheint mir wesentlich. Das wäre eine der letzten Maßnahmen, die man ernsthaft prüfen muß.

Aber allein, sozusagen in einer Art Wiederverstaatlichung, und dann haben wir das alte Desaster wieder und noch dazu keine Marke mehr, meine Damen und Herren, wird es nicht gehen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite