Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 146

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Herr Kollege Parnigoni! Hauptsache, Sie haben in allen Bereichen eine herrliche Ahnung!

Herr Bundeskanzler! Warum haben Sie sich nicht ernsthaft mit Ihren vielen Beteuerungen der letzten Jahre befaßt? Warum haben Sie das nicht spätestens dann ernst genommen, als Wolfgang Schüssel vom Wirtschaftsministerium ins Außenministerium gewechselt ist, als die Zeitungen angemerkt haben, daß er eine Brandstätte hinterläßt und eigentlich nichts gemacht hat: "Wolfgang Schüssel hinterließ eine Brandstätte ausgeglühter Hoffnungen." – Das war die Wirtschaftspolitik von Wolfgang Schüssel. Sie haben dabei zugesehen, und jetzt gehen Sie her und sagen, Sie machen Tourismus zur Kanzlersache. Das ist doch nicht ernst zu nehmen, Herr Bundeskanzler! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist wieder einmal eine Ihrer vielen Alibiaktionen und Ihrer vielen Patronanzen. Sie sind auch hergegangen und haben Ischgl ganz großzügig Ihr Bundeskanzleramt zur Verfügung gestellt, um ein sehr gutes Projekt zu präsentieren. Herr Bundeskanzler! Es ist doch das mindeste, daß man als Bundeskanzler, der sich immer gerne in den Mittelpunkt stellt, einerseits Bekenntnisse ablegt und andererseits dann auch das Kanzleramt zur Verfügung stellt. Ich glaube, da braucht man gar nicht besonders stolz darauf zu sein.

Jetzt möchte ich konkret auf Ihre Anfragebeantwortung zurückkommen. Sie sagen in Ihrer Einleitung, daß Österreich dieselben Probleme hat wie die Schweiz oder Deutschland. Nur gibt es da einen großen Unterschied: Erstens hat die Schweiz ein ganz anderes Mehrwertsteuersystem, und zweitens hat die Schweiz erst im Jänner 1995 – das müssen Sie sich vorstellen! – eine Mehrwertsteuer auf Dienstleistungen überhaupt eingeführt. Das heißt, die Schweiz hat bis 1. 1. 1995 auf Dienstleistungen nicht einmal eine Mehrwertsteuer gehabt. Wissen Sie, wie hoch diese Mehrwertsteuer ist? Bei uns beträgt sie 10 Prozent auf Nächtigungen, 20 Prozent auf sämtliche andere Dienstleistungen, außer Speisen – die Schweiz hat 6,5 Prozent.

Die Schweiz kam in die Krise. Und wissen Sie, was die Schweiz gemacht hat? – Sie hat den Mehrwertsteuersatz heuer – vor zwei Monaten – halbiert. So schaut das aus, und Sie nennen das als Beispiel! Sie könnten es als gutes Beispiel hernehmen (Abg. Dr. Haider: Vorbildlich!), als Vorbild.

Sie haben, Herr Bundeskanzler, auch den Qualitätstourismus angesprochen. Sicherlich, wir brauchen Qualität, das wissen wir alle: Nur, um Qualität zu schaffen, ist in allen Bereichen Eigenkapital notwendig. – Was machen Sie? Sie kürzen, vermindern wieder das Eigenkapital und geben den Betrieben mit diesem neuen Belastungspaket keinerlei Spielraum mehr.

Können Sie mir zum Beispiel erklären, wie die Betriebe mit der Energiesteuer überleben sollen, die jetzt bereits zu zahlen ist? Gerade bei Bäder-, Saunabetrieben, Hallenbädern gibt es keinen Spielraum mehr, da kann kein einziger Schilling mehr aufs Zimmer aufgeschlagen werden. Sie müssen diese Kosten schlucken – ich weiß nicht, wie sie das machen werden. Sie waren nicht einmal bereit, annähernd Regelungen zu treffen wie für die Industrie. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt: Sie setzen Arbeitsgruppen ein. Warum haben Sie zum Beispiel im Zusammenhang mit der Getränkesteuer noch keine Studie erstellen lassen? Überall setzen Sie Arbeitsgruppen ein und lassen Studien erstellen. Warum lassen Sie nicht prüfen, ob die Getränkesteuer EU-widrig ist? Wieso lassen Sie das nicht prüfen? Sie sagen von vornherein: Das müssen wir uns anschauen, und da wird es vielleicht eine Entscheidung geben.

Ich habe die Entscheidung mit, Herr Bundeskanzler. Ich habe hier die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom Jahr 1992, wo es in Dänemark den Fall einer umsatzbezogenen Abgabe gegeben hat, es war eine Arbeitsmarktabgabe. Da hat der Europäische Gerichtshof deutlich entschieden: Verbot einer zweiten umsatzsteuerabhängigen Steuer, Abgaben und sonstiger Gebühren. – Das heißt, darunter fallen die Getränkesteuer, die Tourismusabgabe, die umsatzsteuerbezogen ist, und sehr wohl auch die Kammerumlage I. Und das wird den Herren aus der Kammer wahrscheinlich schon schlaflose Nächte bereiten, weil die Kammerumlage I errechnet sich aus der Vorsteuer, und die Vorsteuer ist die Umsatzsteuer des Vorunternehmers. So schaut es aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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