Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 156

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Tourismus ist nicht die halbe Bier, sondern der Leitpreis im Tourismus ist der Übernachtungspreis.

Ich weiß schon, die Senkung der Mehrwertsteuer von 10 Prozent auf 5 Prozent löst nicht alle Probleme, so wie keine Einzelmaßnahme alle Probleme löst. Aber sie würde den Leitpreis der heutigen Marktsituation um 5 Prozent senken, denn ich kann mir derzeit keinen Anbieter vorstellen, der diese Preissenkung nicht weiter gibt. (Zwischenbemerkung des Bundeskanzlers Dr. Vranitzky. )

Es haben einige Betriebe in der Konjunkturphase – meiner Ansicht nach zu wenig – die Senkung der Getränke- und Alkoholsteuer weitergegeben, nur war das eine andere Konjunkturphase. In der heutigen Phase, im heutigen Verdrängungswettbewerb, in der es bei Abschlüssen um Schillingbeträge geht, bei der nicht der Preis, den die Kalkulation verlangen würde, sondern der Preis, den der Markt bezahlt, zum Abschluß kommt, ist eine Senkung der Mehrwertsteuer der Weg, der ganz gezielt das Produkt Österreich um 5 Prozent verbilligen und die Wettbewerbsverzerrung zu unserem Nachbarn Schweiz senken würde.

Ab 1. Oktober 1996 ist es so, daß ein Schweizer Hotelier aufgrund der Mehrwertsteuer um 7 Prozent günstiger anbietet als ein österreichischer Hotelier. Und wer immer mit Reisebüros oder Reiseveranstaltern verhandelt hat, weiß, daß es dort nicht um 100-S-Beträge, sondern um 10-S- oder 20-S-Beträge geht.

Ein weiterer Punkt, bei dem der Bund etwas tun kann, ist, daß wir diese Diskussion der Flexibilisierung der Arbeitswelt endlich weitertreiben und uns von ideologischen Standpunkten herunterbegeben. Wir haben nun einmal dann zu arbeiten, wenn wir Gäste haben. Wie oft kann und werde ich das noch in diesem Hause hier sagen müssen! Ein zentrales Thema ist dabei die Entkriminalisierung einer Branche, die – von allen Mißbräuchen abgesehen, die ich nicht bestreite – im wesentlichen das tut, was sie tun muß, nämlich Gäste zufriedenstellen. Ein Hotelier, ein Gastronom, der heute nicht verstanden hat, daß seine Mitarbeiter die Gastgeber seines Hauses sind, wird zu denen gehören, deren Namen Sie bald am Konkursgericht angeschlagen sehen werden.

Lassen Sie mich einen noch wesentlichen Punkt anbringen. Das Hohe Haus hat eine Menge an sicher argumentierbaren Arbeitnehmerschutzgesetzen beschlossen. Lassen Sie mich eines davon ansprechen, das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. Alles, was Sie von den Koalitionsparteien hier im Hohen Hause beschlossen haben, ist auf Jahresbetriebe ausgerichtet, ist ausgerichtet auf Betriebe, die das ganze Jahr offen haben. Ein Betrieb, der nur über die Saison offen hat, und zwar deswegen nur über die Saison offen hat, weil die Nachfrage nur über den Winter oder über den Sommer da ist, kann diese Gesetze sinnvollerweise nicht erfüllen. Außerdem hat er den Sicherheitsbeauftragten, den er acht Wochen schulen muß, gar nicht so lange im Betrieb wie ein größerer Betrieb, und vielleicht kommt dieser in der nächsten Saison gar nicht mehr.

Wir müssen diese Gesetze für die Betriebe, die aufgrund der Nachfrage, aufgrund der Wünsche der Gäste nur eine geringe Zahl von Monaten im Jahr offen halten können, adaptieren. Diese Gesetze müssen passen, oder wir schaffen einen neuen Tatbestand der Kriminalisierung, weil sie letztlich nicht erfüllbar sind.

Ganz zum Schluß möchte ich mich bei der GiroCredit und Generaldirektor Dkfm. Lacina bedanken, der der erste Bankdirektor Österreichs war, der verstanden hat, daß die Tourismusbranche mit Fremdkapital randvoll ist. Weitere Fremdkapitalförderung, außer im BÜRGES-Bereich oder da und dort im ERP-Bereich, halte ich nicht für sinnvoll. Wir sollten alle Mittel in die Eigenkapitalförderung konzentrieren, die nichts anderes ist als eine Anlegerförderung. Einer Geldvermögensbildung in privater Hand von 3 700 Milliarden Schilling in Österreich steht eine blutleere, eigenkapitalschwache Wirtschaft gegenüber. Das Modell der GiroCredit halte ich für sehr sinnvoll, weil es auf den Anleger ausgerichtet ist, weil es eine 100prozentige Kapitalgarantie der FGG hat und weil es auf die Eigenkapitalförderung der Länder und des Bundes aufbaut, anstelle der Fremdkapitalförderung, die wiederum nichts anderes als eine Bankenförderung ist.


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