Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 208

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Solange das nicht einmal in Ansätzen vorhanden ist, halte ich solche Verträge für ein falsches Signal, vor allem aus ökologischer Sicht, aber ich glaube, mittel- und langfristig auch aus ökonomischer Sicht.

Ganz kurz noch, weil auch der Abgeordnete Peter und der Abgeordnete Prinzhorn immer wieder von der notwendigen Deregulierung reden: Bei den Freiheitlichen finde ich das etwas widersprüchlich, denn heute und auch gestern bei der Debatte bezüglich Semperit und den Konsequenzen, die daraus zu ziehen sein werden, vertreten sie eigentlich eine andere ideologische Position, als hier heute bei einer Wirtschaftsdebatte, wo es ihnen offensichtlich um Deregulierung in allen Bereichen geht, während sie bei dem vorher angesprochenen Fall die Konsequenzen, die es ganz einfach gibt aus dem internationalen deregulierten Markt, nicht bereit sind, sie in Kauf zu nehmen und hier Vorschläge anbieten, die jedenfalls nichts mit Deregulierung zu tun haben.

Herr Abgeordneter Peter! Nur ganz kurz: Ich war glücklicherweise kürzlich zu einer mehr als interessanten Studienreise in die USA vom Außenministerium eingeladen, die sich genau mit diesem Thema beschäftigt hat: Deregulierung und die ökologischen, aber auch sozialen Auswirkungen in verschiedenen Bereichen. Hier wird immer wieder – wenn über den Wahlkampf in den USA berichtet wird – darauf hingewiesen, wie großartig das dortige Wirtschaftswunder sei, wo es einerseits wieder weit größere Wachstumsraten gibt und sogar die Angst besteht vor einer überhitzten Konjunktur in Amerika und an Zinsenerhöhungen gedacht wird und davon gesprochen wird, wie viele neue Arbeitsplätze geschaffen worden sind.

Wenn man sich das genauer anschaut und mit den Experten spricht und herumfährt, sieht man gleichzeitig den Preis, der dafür gezahlt werden mußte. Und der Preis ist ein hoher. Durch die Deregulierung, die dort in vielen Bereichen – und Sie wissen das sehr gut – durchgeführt wurde und nach wie vor massiv und radikal und brutal durchgeführt wird, wurden Menschen in die absolute Hoffnungslosigkeit getrieben, nach wie vor und steigend gibt es eine Auseinanderentwicklung der Einkommen, die – würde ich sagen – derzeit nicht einmal zu einer Zweidrittelgesellschaft geführt hat. Das ist schon eine 50 : 50-Gesellschaft, wobei nur 5 Prozent wirklich an dem ganzen verdient haben und unglaublich reich sind, aber in vielen Bereichen und in vielen Teilen in den USA hat man das Gefühl, man ist in der dritten Welt und nicht in einem hochentwickelten Industriestaat.

Der Preis der Deregulierung, der dort bezahlt wurde, wo das Zauberwort und das Modewort nach wie vor ist, daß man ausschließlich auf die Kostensenkung und auf die Effizienz setzen muß in jedem Bereich, ist einfach unglaublich hoch. Ich würde mir nicht wünschen, daß Europa diesem Druck, den es einfach gibt – sowohl von den USA, aber noch mehr natürlich von den Ländern von Südostasien – nachgibt in der Weise, daß man hier einfach Arbeitskräfte radikal und schnell freisetzt, ohne entsprechende Alternativmodelle auch nur annähernd im Kopf zu haben.

Was ich mir von einer Wirtschaftsdebatte wünschen würde, wäre, daß man sich einmal grundsätzlich mit den Vor- und Nachteilen dieses internationalen Handels auseinandersetzt, daß man sich einmal überlegt, wieviel Kompetenz wir längst verloren haben. Mir tut ein Wirtschaftsminister in Österreich oder in jedem dieser kleinen Länder leid. Er muß Prügel einstecken für österreichische Wirtschaftsdaten, wofür er wahrscheinlich kaum auch nur irgendwie Verantwortung haben wird und kann, weil einfach die Wirtschaft dermaßen international geworden ist, daß völlig andere Parameter wirklich ausschlaggebend dafür sind, wenn sich irgendwelche Daten anders entwickeln als möglicherweise prognostiziert war.

Eine wirklich ernsthafte Debatte, sei das in einem Ausschuß oder hier im Hohen Haus, über die Vor- und Nachteile des globalisierten Handels, des internationalen Handels würde ich für mehr als angebracht halten. Vor allem auch, um einmal zu sehen, wie denn unterschiedliche Länder gerade auch der sogenannten Dritten Welt, denen man ja wie hier auch bei dem Energiechartavertrag helfen will, auf diesen internationalen Druck und Handel reagieren: nämlich damit, daß sie noch mehr in Monokulturen investieren müssen, damit, daß sie noch mehr gerade ihren


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