Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 332

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eine halbe Milliarde Schilling. Und das ist ein Projekt, für das von Anfang an eigentlich überhaupt kein Nutzungskonzept vorgelegen ist. – Ein Kuriosum, daß man sich zuerst Gedanken macht, wie diese Bauten ausschauen sollen, welche Bauten da hinkommen, man sich aber eigentlich überhaupt nicht überlegt, was da hineinkommt. Das wird dann schon nachher passieren, so quasi: Es wird uns schon etwas einfallen.

In diesem Licht ist auch die Sache mit diesem Schildbürgerstreich – was es ja letztlich wirklich war – Leseturm zu sehen: Eine Freihandbibliothek, zehn Stockwerke hoch, wobei normalerweise Bibliotheken maximal im Ausmaß von ein bis zwei Ebenen geführt werden. Und das Argument, das großartig wissend und zum Teil mit einer unglaublichen Überheblichkeit genannt wurde, war der Verweis auf die Grande Bibliothèque de France, welche ja auch vier riesige Bibliothekstürme hätte. Diesen Leuten ist zur Erweiterung ihres Horizonts ins Stammbuch zu schreiben, daß es sich dabei nicht um Leseräume handelt, sondern ausschließlich um Depots, was auch für Nichteingeweihte ein großer Unterschied sein sollte.

Aber dieser Turm ist mittlerweile gekürzt worden und letztlich ganz verschwunden. Interessant ist auch, daß Architekt Ortner immer wieder erklärt hat: Wenn an diesem Turm auch nur ein Meter gekürzt wird – das war mehrfach immer wieder nachzulesen –, dann ist dieses ganze Projekt sinnlos. – Mittlerweile gibt es den Turm nicht mehr, die Brüder Ortner immer noch, und es ist noch ein dritter Architekt, Wehdorn, dazugekommen. Und siehe da: Die Herren planen munter weiter.

Die gesamte Debatte rund um das Museumsquartier, von welcher Seite man es auch immer betrachtet, zeugt von Intoleranz und Überheblichkeit einer Kulturclique und einiger selbsternannten Kulturgurus, die keine anderen Argumente gefunden haben, als alle, die sich gegen dieses Projekt ausgesprochen haben, pauschal zu verurteilen, zu verunglimpfen und nur noch mit Worten wie "Kulturbanausentum" und "Unverständnis" zu bedenken. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie beziehen dabei aber jede Menge kritische Stimmen mit ein, wie ein internationales Kulturhistorikerkomitee, Sie beziehen Professor Arik Brauer mit ein, der erklärt hat – und ich glaube, Herr Professor Brauer würde sich bedanken, wenn er erfahren wird, daß er an sich ein Kulturbanause ist –, daß sich dieses Projekt mit einer unglaublichen Brutalität in das harmonisch ausgewogene Bild eines alten Baukörpers drängen werde. Er sagt wortwörtlich:

Ich habe den Eindruck, daß dieses Projekt vom Geist der 70er Jahre getragen ist, und es wird, sollte es tatsächlich verwirklicht werden, von unseren Nachkommen verflucht werden.

An sich hätte die Eröffnung dieses Projektes jetzt schon unmittelbar stattfinden sollen, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir warten eigentlich täglich und stündlich auf die Einladung. – Tatsache ist, daß es bis dato noch nicht einmal einen Baubeginn gegeben hat. Die Frau Unterrichtsministerin, die ressortmäßig dafür zuständig ist, hat in der Beantwortung einer Anfrage von uns Freiheitlichen erklärt, daß 1996 zu bauen begonnen wird. Im Ausschuß wurde das schon wieder relativiert und hinausgeschoben. Wir sind schon bei 97/98. (Abg. Dr. Graf: Welches Jahrhundert?)

Tatsache ist: Es ist nichts da. Es ist noch nicht ein einziger Stein in Bewegung gesetzt worden, aber einige Leute haben davon hervorragend gelebt. Es sind bereits über 500 Millionen Schilling ausgegeben worden (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wieviel?), genau 514 Millionen Schilling (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wofür?), für Planungen und für Ablöse, aber es ist überhaupt noch nichts geschehen. (Abg. Dr. Graf: Lauter Abzocker!) Dem Ganzen liegt eigentlich die Eitelkeit der Architekten und der Geltungstrieb der Politiker zugrunde, die der Nachwelt ihre Spuren hinterlassen, ihren Stempel aufdrücken wollen. – Alles, was sie bis jetzt an Spuren hinterlassen haben, ist Planungschaos und Geldverschwendung, und das auf Kosten der Allgemeinheit. Da kann man nur dazu sagen: Nein, danke! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. Ich erteile es ihm.


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