Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 333

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16.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte vom Wahrnehmungsbericht des Rechnungshofes nur zwei Gesichtspunkte herausgreifen:

Gesichtspunkt Nummer eins: Allgemeines Krankenhaus Wien. Hier sind doch, und das ist mir ganz wichtig, ein paar Fragen zwar gestellt und auch beantwortet worden, aber für mich politisch offen geblieben, und zwar in erster Linie die Fragestellung: Wie wird sich, ohne daß man sich im Hintergrund der Probleme um die Dienstrechtsreformen insgesamt kümmert, also um die Neuschaffung eines relativ einheitlichen Arbeitnehmerbegriffes, die Personalharmonisierung tatsächlich darstellen lassen, wenn gleichzeitig Bundes- und Landesbedienstete in einer Organisation zusammengeführt werden müssen? – Jeder, der sich ein bißchen auskennt im Bereich dieser zentrifugierenden Dienstrechte, weiß, daß das einfach zu Ungleichheiten führt, die ausgeglichen werden, indem man auffüllt, indem man nach oben einebnet, indem man die Benefits des einen Bereichs dem anderen langfristig nicht verweigern kann und umgekehrt, was zweifellos zu einer nachhaltigen, stetigen und über den normalen Teuerungsraten liegenden Vermehrung der Personalkosten führen muß – als strukturelles Element, das aber im Gesetz gedeckt ist, weil die Dienstrechte eben Beamtendienstrechte sind und daher Gesetz. Diese Frage ist offen geblieben.

Die Frage des Zusammenarbeitsvertrags zwischen dem Bund und der Stadt Wien ist ebenfalls offen geblieben, wobei hier besonders makaber ist, daß dieser Zusammenarbeitsvertrag, wie wir im Rechnungshofausschuß erfahren konnten, an und für sich fertigverhandelt ist, und zwar offenbar in einer durchaus positiven Qualität. Und auf die Nachfrage, warum er dann nicht unterschrieben wird, hat sich herausgestellt: Im Hinblick auf den Finanzausgleich ist noch keine Akkordanz hergestellt. – Ja das war doch die Schlüsselfrage! Wenn man sich nicht einigen kann, wer welche Kostenanteile trägt, dann ist eines der wesentlichen Elemente des Vertrages, nämlich Einigung über Preis und Leistung, eben nicht hergestellt. Und es mag zwar der operative Teil des Vertrages ausgehandelt sein – und das ist sehr verdienstvoll, das will ich hier gar nicht schmälern –, aber er wird nicht und nicht in Gang gesetzt werden. Wenn die finanzielle Einigung das Problem ist, dann ist das Desaster verlängert.

Es hat ja niemand behauptet, daß die Menschen im Normalfall kränker aus dem AKH herauskommen, als sie hineingehen. Die medizinische Qualität ist ja gar nicht zur Diskussion gestanden – und der Zusammenarbeitsvertrag und die Personaleinsätze sind in diesem Feld sehr kritisch zu betrachten – , sondern Thema ist, daß das Ganze letztlich ein Faß ohne Boden ist. Wenn man sich über die Frage der Lastentragung nicht einigen konnte, dann schwebt das Problem zwischen zwei Kraftfeldern und wird immer teurer, weil sich der eine auf den anderen ausredet.

Wenn wir das leistungskonforme Verrechnungssystem einführen wollen, dann kommen wir auch nicht drum herum, daß wir klarstellen müssen, wer was für wen zahlt, vor allem bei einer Konstruktion, daß ein Krankenhaus gleichzeitig Universitätsklinik und Gemeindespital ist – salopp ausgedrückt. Daher ist das einfach unangenehm, und es zeigt sich wieder einmal mehr, daß die Frau Bundesminister, die zuständig wäre, über die notwendigen Kompetenzen nicht verfügt. In Wirklichkeit hat das Land Wien natürlich kein Interesse, wirklich das zu tun, was es tun müßte, indem es einerseits die Aufwände deckt, soweit es dafür verantwortlich ist, und zweitens daran mitwirkt, daß die Aufwände sinken. Aber solange ein Dritter der Zahler ist, ist es angenehm, der großzügige Dienstherr zu sein.

Das ist eine ganz klassische Häupl-Figur: Das, was positiv ist, nimmt er für sich in Anspruch, und an dem, was negativ ist, sind die anderen schuld. Ich will jetzt hier nicht vom Thema abschweifen, aber das war zuletzt im Bereich der Krankenscheine und, und, und zu sehen: Er als stellvertretender Bundesobmann der SPÖ tut so, als ob er gar nicht zur Partei gehören würde und als ob das, was die Koalition sich ausmacht, über ihn wie ein Gottesurteil hereingebrochen wäre. In Wirklichkeit ist er als Mitglied des obersten Parteiorgans seiner Partei politisch voll verantwortlich! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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