Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 338

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Morak. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.47

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Sehr geehrter Präsident! Frau Minister! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Großbaustellen haben in den heutigen Gemeinschaften einen schweren Stand, und die Genealogie des Museumsquartiers ist ein Fallbeispiel dafür.

Das, was vom Entwurf Ortner & Ortner übriggeblieben ist, ist einerseits nach wie vor ein Dorn im Fleische der fanatischen Denkmalschützer, der puristischen Denkmalschützer. Es ist aber auch ein Dorn im Auge der puristischen Avantgardisten. Wir alle sollten aber akzeptieren: Es ist das Ergebnis eines Diskussionsprozesses, der bisher fünf Minister beschäftigt hat. Es wurde ein beispielloser Diskussionsprozeß unter Kulturschaffenden und diversen politischen, privaten und semipolitischen vermeintlichen Interessenvertretern und wie sie sich alle genannt und geriert haben, in Gang gesetzt.

Großbaustellen sind kontrovers, vor allem in Österreich, vor allem in Wien; wir haben in der letzten Woche erlebt, wie kontrovers Wien sein kann, und zwar hier im Parlament. Jeder redet mit, die Grundvoraussetzung dabei ist, nur keine Sachlichkeit aufkommen zu lassen und immer vom schlimmsten, vom "worst case"-Szenario auszugehen. (Beifall bei der ÖVP.)

Erinnern wir uns: Nach dem Jury-Entscheid 1990 im Frühjahr gab es im Sommer bereits die ersten Bürgerinitiativen. Da möchte ich die Freiheitlichen schon daran erinnern: Sie haben am Museumserrichtungsgesetz mitgewirkt, sie haben mit Ja gestimmt. Sie haben das Modell gesehen, sie wußten vom zweistufigen Wettbewerb, und dann sind sie hinausgegangen und haben es notorisch denunziert. Das muß man auch einmal sagen!

Also noch einmal: Der Jury-Entscheid fiel 1990. Im Sommer gab es bereits die ersten Bürgerinitiativen. Alles war plötzlich wieder in Diskussion, alles war wieder im Fluß: der Leseturm, die Veranstaltungshalle, das Museum Moderner Kunst, die Kubaturen, einfach alles. (Abg. Dr. Graf: So ist es in der Demokratie!)

Es kam die Expo-Volksabstimmung dazwischen, dann die Sammlung Leopold. Die Gemeinde Wien hatte plötzlich eine andere Sicht der Dinge als vorher, weil sie plötzlich dastand mit einer Platte und nichts drauf. Sie ließ Machbarkeitsstudien erarbeiten über Guggenheim, Hollein hat geplant. Das Interesse wurde später wieder geweckt, nachdem man gewußt oder erfahren hat, daß es doch schwieriger ist, diese Platte – auch ein wichtiges Architektur-Projekt, das möchte ich schon dazusagen – in einem Aufwaschen über die Runden zu bekommen.

Ein Architekt veröffentlichte plötzlich Pläne, wo keiner wußte, woher sie kommen und wer sie in Auftrag gegeben hat. Und die Hauptsache in diesem Diskussionsprozeß: Die größte Tageszeitung, die "Kronen Zeitung", war dagegen, und das ist in diesem Land allemal ein Grund, daß Politiker die Finger von den Dingen lassen, die sie eigentlich tun sollten. (Beifall bei der ÖVP.)

Im Windschatten dieses Kleinformats blühten die politischen Denunziationen, und zu all diesen Gudenüssen im Geiste gesellten sich die Scheibners, die Haiders und die Partik-Pablés und einer, dem man hier im Parlament ein Denkmal setzen sollte, ein Herr, der nicht umsonst so heißt, wie er heißt, nämlich Herr Pawkowicz.

Die Totschlagargumente waren folgende: Arbeitslosigkeit versus Museumsquartier, Wohnungen versus Museumsquartier, Niederösterreichisches Landhaus versus Museumsquartier, Redoutensäle versus Museumsquartier. Und über allem stand ein Satz: Der Busek darf sich kein Denkmal bauen. (Abg. Mag. Peter: Erdäpfelgulasch für alle!)

Im Zuge dieser Diskussion – und das ist sehr spannend zu beobachten – mutierte ein barocker Zweckbau, ein Pferdestall, bitte, zum barocken Baujuwel. Und die denkmalschützerischen Standards, die in den fünfziger Jahren die Zubauten erlaubt haben, die wir heute noch bewundern können, die die Devastierung dieses Museumsquartiers, also des Messepalastes, er


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