Jetzt stellen sich einige Probleme – und der Bundeskanzler hat einige bereits sehr ehrlich angesprochen –, die wichtig, wenn auch manchmal schwierig sind.
Das erste Problem, mit dem wir uns auseinanderzusetzen haben: Wer einen echten Binnenmarkt will, der muß eigentlich auch ein klares "Ja" zu einer gemeinsamen Währung in diesem Binnenmarkt sagen, einer klaren, einheitlichen, starken Währung, denn sonst wird dieser Binnenmarkt nie vollendet sein. Und wir alle – gerade wir Hartwährungsländer – hätten dafür den Preis zu zahlen.
Wer den Wegfall der Grenzen will, für die Touristen, für die Arbeitnehmer, für die Unternehmer, für die Investoren, der muß aber gerade deshalb für eine Koordination der Anstrengungen für die innere Sicherheit kämpfen, denn sonst haben wir den grenzenlosen Binnenmarkt für die organisierten Kriminellen, und das will nun wirklich niemand, am allerwenigsten der Bürger. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Daher härtester Kampf gegen das organisierte Verbrechertum, gegen die Drogenhändler, gegen die Menschenhändler, gegen die Prostitution und gegen jene, die daran verdienen, und gegen jene, die mit dem schmutzigsten Geschäft überhaupt, der Kinderpornographie, ihr Geld verdienen.
Wer Stabilität exportieren will, meine Damen und Herren, der muß aber auch – und ich weiß, was ich sage; vielleicht ist das gar nicht so populär – für die Erweiterung der Union eintreten. Denn letztlich wird sich in den nächsten Jahren die Entscheidungsfrage stellen: Wo werden sich Länder, die uns am Herzen liegen müssen, Nachbarländer wie Tschechien, Ungarn oder Slowenien, aber auch Polen, kein Nachbarland, gruppieren: um den multizentralen Kraftkern Europa oder wieder um Moskau?
Das ist die simple und zugleich brutale Wahrheit. Daher: Wer von uns interessiert ist, nicht nur aus humanen oder geopolitischen Überlegungen, auch aus eigenen österreichischen Überlegungen, muß für eine Erweiterung der Union sein, natürlich nach klaren Prinzipien und in einem behutsamen Tempo, aber er muß aus vollem Herzen dafür sein, sonst importieren wir irgendwann einmal Instabilität und Probleme, die niemand will. (Beifall bei der ÖVP. )
Wer den Frieden will, muß für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und auch für den Aufbau einer militärischen Sicherheitskomponente sein, denn Trittbrettfahrer werden in diesem solidarischen Europa, meine Damen und Herren, nicht gefragt sein! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Scheibner. )
Und so meine ich, daß sich Österreich, das sich ja mit dem Beitrittsvertrag und der Volksabstimmung vom 12. Juni bereits zu diesen Dimensionen bekannt hat, die jetzt entstehen, deren Ziel fixiert ist, wobei der Weg dorthin mit harten Verhandlungen gepflastert ist, diesen Ansprüchen nicht entziehen kann und will.
Franz Vranitzky hat so wie ich immer wieder von den Initiativen gesprochen, die wir in diesem europäischen Kontext einbringen sollen. Und es ist wahr: Gerade Österreich hat sich in den vergangenen Monaten sehr aktiv und initiativ gezeigt. Es ist uns eben nicht recht, nur bei den Verhandlungen zu sitzen und zu warten, was andere vorschlagen, wir bringen selbst Vorschläge ein, und zwar nicht nur für eine Wirtschafts- und Währungsunion, sondern auch für eine Beschäftigungs- , Sozial-, Umwelt- und Sicherheitsunion. Wir Österreicher waren die ersten, – Sie wissen, als Außenminister verhandle ich in der Regierungskonferenz die österreichische Position –, die für die Integration der Sozialcharta in den Europäischen Vertrag eingetreten sind. Wir waren es, die Vorschläge dahin gehend gemacht haben, daß auf jeder Tagesordnung der Europäischen Räte Beschäftigungsfragen stehen sollen. Wir waren es, welche die Ideen von Jacques Santer, eine europäische Sozialpartnerschaft zu schaffen, quasi ein österreichischer Exportartikel, voll unterstützt haben, weil es wichtig ist, daß nicht nur die Regierungen und die gewählten Parlamentarier, sondern auch die Sozialpartner auf Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Bauernseite mit integriert sind. Das ist wichtig. (Beifall bei der ÖVP. )