Herr Abgeordneter Stummvoll! In Ihrem eigenen Haus gibt es die Lehrbauhöfe, die finanziert werden durch eine Umlage der Bauwirtschaft. Warum kann man dieses Beispiel nicht auf andere Bereiche übertragen? Wenn Sie selbst hier in diesem Haus einem Entschließungsantrag zugestimmt haben, in dem ein Lastenausgleich zwischen ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmern gefordert wird, dann putzen Sie sich doch bitte nicht am Steuerzahler ab, sondern sorgen Sie dafür, daß im Interesse der Betriebe, die ausbilden, und der Lehrlinge eine Finanzierung zustande kommt, die die Zukunft sichert! (Beifall bei der SPÖ.)
Vielleicht hilft Ihnen auch ein Urteil, das in Deutschland durch den Obersten Gerichtshof betreffend ein Bundesverfassungsgesetz gefällt worden ist. Er stellt fest: "Die spezifische Verantwortung für ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen obliegt eindeutig und der Natur der Sache nach den Arbeitgebern." Und begründet wird das auch noch damit – das ist nicht uninteressant –, daß die Arbeitgeber, wenn sie sich auf der einen Seite immer gegen staatliche Eingriffe in das duale System wehren, auf der anderen Seite auch die Verantwortung wahrnehmen müssen. - Ich glaube, daß sollte auch ein kleiner Hinweis für uns sein. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie stellen das sehr einfach dar!) Lesen Sie dieses Urteil nach! Da werden Sie noch viel mehr Argumente finden in dieser Richtung! Denn in Deutschland zahlen die Arbeitgeber zum Beispiel ein Umlage. (Abg. Dr. Stummvoll: Sollen wir die Verantwortung allein übernehmen?)
Überhaupt nicht! Aber Sie sagen dauernd, wenn es ums Zahlen geht: Wir gehören nicht dazu! Da fordern Sie dann immer die öffentliche Hand ein. Wir sollten im Interesse der Betriebe, die eine Ausbildungsleistung erbringen, eine tatsächliche Lösung finden. Die werden wir auf europäischer Ebene genauso wie in Österreich letztendlich finden.
Meine Damen und Herren! Das Thema der unterschiedlichen Arbeitnehmerbegriffe ist heute auch schon angesprochen worden. Ich glaube, daß wir auf dem richtigen Weg waren, als die Gewerkschaften die "Aktion Fairneß" gestartet haben und erst vor kurzem der Bundesregierung mehr als 330 000 Unterschriften übergeben konnten. (Zwischenruf des Abg. Meisinger .) Von seiten der Bundesregierung ist die Zusage gemacht worden, daß man bis zum Jahr 1997 die legistischen Maßnahmen in diese Richtung auch dementsprechend unterstützen wird.
Ich möchte auch sehr bewußt noch ein Thema ansprechen. Der eine oder andere wird sich fragen: Gehört das zur europäischen Thematik? – Ich glaube sehr wohl, daß es dazu gehört, nämlich die Debatte, die es jetzt um die Werkverträge gibt. Ich lasse all das unnötige Zeug beiseite; es ist in diesem Zusammenhang von Freiheit und zügelloser Einschränkung und ähnlichem gesprochen worden. Ich komme vielmehr auf das zurück, was uns in diesem Haus in dieser Frage immer wieder geeint hat: Es geht bei der Werkvertragsregelung im wesentlichen darum, daß wir wegen des Hinausdrängens von Arbeitnehmern aus dem sozialen Schutz besorgt sein müssen. Es werden immer mehr Praktiken geübt, sich der ordentlichen Dienstverhältnisse zu entledigen und das im Wege des sogenannten Werkvertrages zu lösen.
Meine Damen und Herren! Es ist bezeichnend, wenn mir der Personalchef eines großen Elektronikkonzerns in Wien vor drei Wochen erklärt hat: Das ist zwar nicht ganz angenehm, wegen der EDV-Umstellung, aber ich kann Ihnen sagen: Ich bin eigentlich dankbar für die Änderung, denn jetzt weiß ich erst, was sich mit Hilfe solcher Praktiken in unserem Unternehmen abspielt.
Eine große Leiharbeit-Firma sagt beispielsweise: Jetzt haben wir im Vorjahr erst begonnen, unsere Arbeitnehmer, die im Reinigungsbereich tätig sind, auf Werkverträge umzustellen, und jetzt macht ihr all das wieder zunichte und holt sie wieder zurück. – Darum geht es in Wirklichkeit: um die Flucht aus dem Arbeitsrecht und aus dem Sozialrecht! Daher glaube ich, daß man hier gemeinsame Aktivitäten setzen sollte! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Puttinger: Warum flieht man aus dem Sozialrecht? – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Herr Kollege! Das wird nicht möglich sein. Den besten sozialen Schutz ohne Beitrag gibt es nicht! Dem Schutz muß ein Beitrag gegenüberstehen. Man kann nicht den besten sozialen