Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 184

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Die Bildung der Währungsunion ohne begleitende Politiken birgt zu ihrem Beginn die Gefahr eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit in der Gemeinschaft in sich. Die strikte Anwendung der Kriterien ohne Begleitmaßnahmen bedeutet in einer Übergangsphase eine Dämpfung des Wachstums. Es ist Aufgabe der Politik, daß die durch die Währungsunion erforderlichen Konsolidierungsmaßnahmen gerecht und sozial ausgewogen durchgeführt werden. Durch eine restriktive Haushaltspolitik allein sind negative Auswirkungen auf die Beschäftigung zu erwarten. Denn es werden, soweit die öffentlichen Haushalte ausgabenseitig konsolidiert werden, sowohl die öffentlichen Investitionen als auch Transferleistungen reduziert werden. Auch besteht die Gefahr, daß von Kürzungen in erster Linie Sozialausgaben betroffen sind. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

1. Angesichts der bisher unbefriedigenden Fortschritte in bezug auf die Erfüllung der Konvergenzkriterien wird und darf das Projekt Wirtschafts- und Währungsunion keinesfalls zu einem Sozialabbau innerhalb der EU führen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

2. Zwar macht die Budgetkonsolidierung offensive Beschäftigungsmaßnahmen zurzeit schwieriger. Angesichts der dramatischen Lage am europäischen Arbeitsmarkt wäre es aber sicherlich falsch, mit beschäftigungspolitischen Maßnahmen bis zum Inkrafttreten der Währungsunion zu warten. (Beantwortung einer Anfrage der Abgeordenten Öllinger und Freunde durch den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit in Europa (1197/J-NR/1996.)

3. Im Rahmen der Interpretation der Konvergenzkriterien sollte das Schuldenkriterium nicht zu eng betrachtet werden, da es ökonomisch nicht begründbar ist, wenig über die tatsächliche Budgetproblematik aussagt und für viele Staaten ein ungerechtfertigtes Hindernis für die Teilnahme an der WWU sein würde. Als die Konvergenzkriterien definiert wurden, erlebte Europa eine Phase der Hochkonjunktur und das Staatsverschuldungskriterium wurde einfach aus dem Durchschnitt der Staatsschulden der Mitgliedstaaten abgeleitet. Es ist damit theoretisch anfechtbar. Auch zeigen Erfahrungen aus der Vergangenheit, daß unterschiedliche Defizite in einem gemeinsamen Währungsraum durchaus möglich sind. Das Defizitkriterium sollte stärker auf das strukturelle Defizit abgestellt werden, um in konjunkturellen Ausnahmesituationen wirtschaftspolitische Spielräume zur Gegensteuerung zu erhalten. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

4. Nach Inkrafttreten der Währungsunion darf es nicht zu einer dauerhaft restriktiven Politik kommen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.) Daher sind Bestrebungen, die auf eine Verschärfung der Konvergenzkriterien nach dem Eintritt in die 3. Stufe abzielen, abzulehnen. Dies wäre ökonomisch unvernünftig und würde die Entwicklung der Gemeinschaft bremsen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

5. Das Ziel der Vollbeschäftigung muß explizit im Vertrag verankert werden. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

6. Beschäftigung ist als prioritäres Ziel in die EU-Verträge aufzunehmen. (Vizekanzler Dr. Schüssel, 29. 1. 1996, am Rande des EU-Außenministerrates in Brüssel.)

7. Die Europäische Union muß sich zur Sozialunion entwickeln. (Soziales Manifest der ÖVP für Europa, 17. 9. 1996.)

8. Durch einheitliche Mindeststandards im Sozialbereich auf möglichst hohem Niveau muß Sozialdumping verhindert werden. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

9. Im Finanzierungsbereich dürfen Umschichtungen im Gemeinschaftsbudget kein Tabu darstellen, beschäftigungsfördernde Vorhaben sind zu beschleunigen. (Vranitzky-Report zur WWU, 1996.)

10. Die EU als großer Wirtschaftsblock muß ihre Stärke und ihren Einfluß dazu verwenden, daß bei den internationalen Handelsabkommen die sozialen Standards als Teil der ökonomischen Bedingungen berücksichtigt werden. Basis für eine gerechte Weltwirtschaft müssen politische


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