Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 39

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aber immerhin ist er wer – gesagt, und zwar noch im Mai dieses Jahres: Wir müssen alles daransetzen, klarzumachen, daß am 13. Oktober keine Abstimmung über die Neutralität stattfindet. (Vizekanzler Dr. Schüssel: Ja!) Karas propagiert die Vogel-Strauß-Taktik. – Wir haben keine Neutralitätsdiskussion zu führen, und wir führen auch keine. (Abg. Dr. Khol: Hat er recht!) Ja, hat er recht. Nur, lieber Kollege Khol, es hat ein paar Wochen später, am 23. Juli 1996, Verteidigungsminister Fasslabend – angeblich Mitglied der ÖVP – gesagt: "Nicht ewig herumdiskutieren!" – Also: Karas wollte gar nicht anfangen, Fasslabend ist es schon zu lang.

Herr Vizekanzler! Im August ... (Abg. Dr. Khol: Nach den Gesetzen der Logik sind das sich deckende Folgerungen!) Kollege Khol! Unterbrechen Sie mich nicht, Sie wissen, daß die Redezeit knapp ist. Ich bin lauter als Sie. (Abg. Dr. Khol: Wann ich unterbreche, ist meine Sache!)

Was sagte der Herr Vizekanzler am 8. August dieses Jahres? – NATO-Frage erst 1997 aktuell. – Wie gesagt, wir haben 1996. Offensichtlich geht es Ihnen darum, daß man die Dinge an sich herankommen läßt und dann sagt: Leider, jetzt sind die Würfel schon gefallen, jetzt müssen wir halt doch nachgeben und die Dinge so schlucken, wie sie andernorts beschlossen wurden.

Die Diskussion um die NATO ist nicht etwas, was die Opposition einführt. Lieber Kollege Khol, der du gestern so von der Neutralitätsnotwendigkeit gesprochen hast und davon, daß all das ewig so bleibt: Du warst noch am 29. Juli im "profil" anderer Auffassung. In einem selbst geschriebenen Artikel – nicht zitiert – von Kollegen Khol heißt es: "Warum soll Österreich zur WEU und später eventuell zur NATO neu gehen? Weil der Beitritt zur WEU letztlich den NATO-neu-Beitritt nach sich ziehen könnte. In WEU und NATO-neu wollen wir" – offensichtlich die ÖVP oder Österreich –: "unsere eigene Sicherheit erhöhen, Solidarität in ganz Europa einbringen, Konflikte verhindern, wie jene am Balkan, politisch mitbestimmen." (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

Das wirklich Hundsföttische daran ist, daß ihr immer zugleich sagt (Abg. Dr. Khol: Was? Dieses Wort verstehen wir nicht!) : Mit der Neutralität hat das nichts zu tun, liebe Österreicher. Alles klar: Die NATO ist eine Option – aber es ist mit der Neutralität vereinbar! – So ist es. Das ist Ihr Diskussionsstil. (Zwischenruf des Abg. Dr. Khol. ) Wenn "hundsföttisch" Sie stört, nehme ich es zurück.

Jedenfalls: Es ist eine völlig unklare Linie. Es ist ein Täuschungsmanöver gegenüber den Österreichern, vom NATO-Beitritt als Ziel zu sprechen und gestern von diesem Pult aus zu sagen: Die Neutralität bleibt aufrecht! (Beifall beim Liberalen Forum und den Grünen.) Das ist nicht nur unklar, das ist falsch, völlig völkerrechtswidrig und keine klare Linie.

Bei der Sozialdemokratischen Partei liegen die Dinge leider Gottes nicht viel anders. Auch sie versucht, beides wunderbar übereinanderzulegen: eine europäische Sicherheitspolitik, und bei der Neutralität bleibt trotzdem alles beim alten.

Was sagt zum Beispiel das Wahlprogramm der SPÖ zur EU-Wahl? – Ziel ist ein kollektives Sicherheitssystem, an dem auch Neutrale teilnehmen können. – Darüber kann man debattieren, wenn man definiert, was ein kollektives Sicherheitssystem ist. Aber was sagte der Spitzenkandidat der SPÖ während des ganzen Sommers? (Abg. Dr. Khol: Den kennt ja niemand!) Er sagte: Persönlich glaube ich, daß sich die Westeuropäische Union über kurz oder lang auflösen wird. Man wird irgendwann nicht darum herumkommen, über die Frage eines NATO-Beitrittes nachzudenken. (Abg. Dr. Khol: Wie heißt der Spitzenkandidat? – Fällt ihm nicht ein!)

Also: Natürlich eine Diskussion, und natürlich ist es eine Option und eine Perspektive auch in der SPÖ in Richtung NATO, aber es heißt: Wir bleiben neutral, es kommt das Kunststück zustande, daß sich NATO-Beitritt und Neutralität nicht widersprechen.

Diese Liste der Widersprüche könnte man fortsetzen fast bis ins Unendliche. Zwischendurch findet dann noch folgendes statt: Wenn Kollege Cap sich geäußert und in einem bemerkenswerten sicherheitspolitischen Reifungsprozeß sehr klare Linien von sich gegeben hat, kommt sofort Staatssekretär Schlögl – am 23. Juli – und meint zu Caps Äußerungen: Eine entbehrliche


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