Sommerdiskussion, Schluß der Debatte! – Vorbei ist es wieder, und es heißt wieder: Nichts reden, nicht offen bekennen, daß es eine politische Grundauseinandersetzung über unsere außen- und sicherheitspolitische Linie ist! Schluß der Debatte! Es ist ja erst 1997 interessant, nämlich dann, wenn die Regierungskonferenz zu Ende geht.
Das Problem ist Ihre Diskussionsverweigerung und daß Sie nicht dazu bereit sind, über dieses sehr schwierige grundsätzliche Problem tatsächlich nachzudenken und eine Diskussion zuzulassen.
Meine Damen und Herren! Man könnte das auch unter folgendem Aspekt sehen: Offensichtlich ist beiden Regierungsparteien völlig klar, wohin die sicherheitspolitische Reise geht, sie wollen es nur nicht so offen sagen, denn die Wahlen kommen und so weiter.
Man könnte sagen: Wenn unter dem Dach "Neutralität" alles denkbar und machbar ist, dann könnte es ja egal sein, und man könnte sagen: Lassen wir halt das Taferl Neutralität, es hat ja dann sowieso alles Außen- und Sicherheitspolitische darunter Platz. Warum meine ich, daß das nicht geht? – Die Neutralität hat keinen beliebigen Inhalt, wie manchmal in den Diskussionsbeiträgen der Regierungsparteien der Eindruck erweckt wird. Die Neutralität hat einen ganz klaren völkerrechtlichen Umriß, der heißt: heraushalten aus allen Konflikten, gleichgültig, aus welchen Motiven sie geführt werden. Neutralität hat etwas mit Gleichbehandlungspflicht im Konfliktfall zu tun. Es heißt auch ganz klar: Mißbrauch des eigenenTerritoriums zu verhindern im Konfliktfall – deshalb bewaffnete Neutralität. Und wir sollten nicht ganz vergessen, daß die österreichische Neutralität etwas mit dem Schweizer Muster zu tun hat.
Deshalb halte ich es wirklich für grob nachlässig, wenn seitens der Regierungsparteien die Debatte über europäische Sicherheitsstrukturen angedeutet wird, zurückgenommen wird, neu aufgelegt wird, aber gleichzeitig permanent behauptet wird: Es besteht die Möglichkeit, Gemeinsame Sicherheits- und Außenpolitik mit dauernder Neutralität zu verbinden. Das ist eine Quadratur des Kreises, die nicht möglich ist. Wir sollten das offen eingestehen und nicht gegenüber der Bevölkerung alles vernebeln und so tun, als ob beides möglich wäre. Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen machen müssen. (Beifall beim Liberalen Forum.)
Meine Damen und Herren! Es ist daher Klarheit herzustellen. Ich möchte herausstreichen, worum es uns dabei geht.
Es ist ein hervorragendes Ziel der Europäischen Union, durch diesen Zusammenschluß eine Friedens- und Sicherheitspolitik in Europa herbeizuführen, sie zu verstärken, zu verbessern. Seit Maastricht gibt es zumindest die Absicht – würde ich einmal vorsichtig formulieren –, als Europäische Union tatsächlich außen- und sicherheitspolitisch handlungsfähig zu werden.
Es ist ja wirklich ein Witz, daß diese Europäische Union, die wirtschaftlich stark ist, die bevölkerungsreich ist, die viele Möglichkeiten hat, im außen- und sicherheitspolitischen Bereich derart schwach, zerstritten ist und nach wie vor in einzelstaatlichen Aktionen agiert. Wir wissen aus anderen Bereichen, etwa aus der Wirtschaft, der Sozialpolitik, der Umweltpolitik, wie sinnvoll es ist, wenn dieser Kontinent, zumindest einmal die Europäische Union, gemeinsam handelt, bei der Außen- und vor allem bei der Sicherheitspolitik beginnen wir jedoch ängstlich zu werden und fallen in alte Strickmuster zurück. Es heißt, das sei eine Militarisierung der Europäischen Union. Das ist eine Fehleinschätzung.
Erkennen wir klar, daß es einen gigantischen sicherheitspolitischen Fortschritt bedeutet, wenn diese Europäische Union außenpolitisch und sicherheitspolitisch gemeinsam handelt, ihre Kraft zur Geltung bringt – im Interesse einer Außenpolitik, die auf eine Ausweitung der Menschenrechte gerichtet ist, eine Absicherung der ethnischen Grundrechte, auf Friedenssicherung und Stabilität auf diesem Kontinent und in seinen angrenzenden Regionen.
Das ist der Grund, warum wir meinen, daß diese Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, wie sie in Maastricht als Konzept vorliegt, tatsächlich Wirklichkeit wird. Wir meinen, daß Österreich beim Aufbau dieser Gemeinsamen europäischen Sicherheitspolitik von Anfang an mittun soll, um diesen Fortschritt zu stützen. Konflikte in Europa – auch wenn wir nicht direkt bedroht