Ich glaube, wir müssen da sehr konsequent sein. Was wichtig ist in der Außenpolitik wie auch in anderen politischen Bereichen, ist: sichere Ziele zu haben, Ideale anzustreben, auch realistisch zu sein. Die Ausgewogenheit zwischen dem Idealismus und dem Realismus bedingt die Qualität – auch einer Außenpolitik und ihrer Resultate. Das müssen wir immer bedenken. (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)
Es wird schwieriger, komplizierter, vor allem unter der Globalisierung der Außenpolitik. Wir werden mit allen Problemen befaßt, weil alles durch Verbesserungen auf dem Informationssektor innerhalb von Stunden weitergeleitet wird. Durch eine Krise in Asien, durch eine politische Krise in Indonesien fallen zwei Stunden später die Kurse auf der Londoner Börse, und das hat wirtschaftliche Auswirkungen. Eine Krise bei den Verhandlungen zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten in der Frage der Kernkraftwerke, oder der Erzeugung von Atombomben, löst bereits zwei Stunden später im französischen Parlament eine Diskussion darüber aus.
Wir müssen damit fertigwerden, wir werden damit nur fertig, wenn wir Schwerpunkte setzen. Und ein Schwerpunkt ist und bleibt die Europapolitik. Das ist der Raum, in dem wir leben, von dessen Entwicklung wir – vor allem die österreichischen Bürger – unmittelbar berührt werden, in dem unsere Zukunft bestimmt wird. Wir müssen diesbezüglich klare Prioritäten setzen. Natürlich darf man nicht sagen: Ich bin für Prioritäten, aber nur wenn mein Anliegen Priorität ist.
Ich bin Ihnen sehr dankbar, daß der Versuch gemacht wird, auch unter Vizekanzler Schüssel, Prioritäten zu setzen, Prioritäten wie Europapolitik, Nachbarschaftspolitik in der heutigen Form, die Zukunft unserer Nachbarländer in Europa, und gleichzeitig auch dort, wo keine formelle Priorität gesetzt wird, zu zeigen, daß wir interessiert sind. Ich denke da an das Konzept Afrika 2000, an die Besuchstermine der Frau Staatssekretärin in Lateinamerika, das sind wichtige Bereiche, aber eben nicht die Priorität.
Das ist die Gratwanderung der Diplomatie, dem anderen Partner nicht den Eindruck zu verschaffen, man würde uninteressiert sein, und gleichzeitig aber jenes Engagement besonders zu fördern, das im Interesse unseres Landes und seiner Bürger liegt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Thema Außen- und Sicherheitspolitik: Es ist eine furchtbare Warnung, was sich da in Bosnien-Herzegowina, in Kroatien abgespielt hat, meine Damen und Herren. Es gab Resolutionen des Sicherheitsrates, man dürfe keinen Transport aufhalten, der Medikamente, Nahrungsmittel für die Zivilbevölkerung bringt. Sie wurden aber aufgehalten, mußten wie an mittelalterliche Raubritter Zoll zahlen, Abgaben zahlen von dem, was für die Ärmsten der Armen bestimmt war: für Alte, für Kinder, für andere Bedürftige der Zivilbevölkerung. Man hat nichts dagegen unternommen.
Es hat auch geheißen, man müsse den Luftraum freihalten. Den Aggressor hat das nicht gekümmert. Der Luftraum wurde wieder benützt, man hat nicht reagiert.
Dann kam der österreichische Vorschlag in den inoffiziellen Konsultationen, was für die Kurden im nördlichen Irak gelang, müsse auch in Bosnien gelingen, nämlich daß man Schutzzonen einrichtet. Die Menschen dachten, Biha
% oder Sarajewo beziehungsweise andere Gebiete seien Schutzzonen, dort werde ihnen nichts geschehen. Und dann passierte Furchtbareres als vorher: Man mußte zusehen, daß 8 000 Menschen hingerichtet wurden, und mußte dann zur Kenntnis nehmen, daß auch das neugewählte politische System diese ethnische Säuberungslandkarte zur Kenntnis genommen hat.Das Abkommen von Dayton beziehungsweise das Abkommen von Paris waren beachtliche Fortschritte, das möchte ich unterstreichen, es war auch ein großer Erfolg der amerikanischen Diplomatie, die ich auch gelegentlich schon kritisiert habe. Erstmals nach dem Washingtoner Abkommen, das die Konflikte zwischen den Moslems und den Kroaten beendigt hat, hat man einen Akt gesetzt, der dem Morden, dem Verjagen, dem Zerstören einen Schluß setzte.
Aber auch da muß man realistisch bleiben, meine Damen und Herren: Damit ist noch lange nicht das Überleben von Bosnien-Herzegowina gesichert. Wenn nicht mindestens zehn Jahre