Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 44

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

eine Klammer gegeben ist – in welcher Form immer, ob das die jetzigen Truppen sind, ob es andere Truppen sind, die dann nach den Amerikanern kommen; es wäre eine Möglichkeit, daß Europa sich stärker betätigt –, werden die Wahlen in keiner Weise zu einer Stabilisierung führen. Die Lage wird wieder instabil werden, wir werden wieder Opfer in der Bevölkerung erleben, während wir geglaubt haben, damit sei endgültig Schluß. Diesbezüglich muß man realistisch sein.

Ich bin sehr skeptisch. Ich würde sogar sagen, ich teile völlig die Vorbehalte, die der Schweizer Außenminister Flavio Cotti als Vorsitz der KSZE immer geäußert hat, der sich dann aber doch dem Druck der großen Anzahl der KSZE-Mitglieder, zur Durchführung der Wahlen beugen mußte und sie zur Kenntnis genommen hat.

Jede andere Entwicklung wäre mir willkommen. Aber wenn es um menschliches Leben geht, muß man mit größtem Realismus vorgehen, denn die Beispiele, wo man sich auf Kosten neuer Opfer getäuscht hat, sind viel häufiger als jene, wo zuviel Optimismus oder Illusionen bestätigt worden sind.

Das, meine Damen und Herren, zum Thema "Prioritäten".

Nun zu Europa. Wir haben auch die Priorität, daß die Nachbarländer – darauf hat indirekt oder direkt auch Kollege Haider Bezug genommen – die Chance bekommen, zur EU zu gehen. Das würde auch Druck auf uns bedeuten. Wir spüren den Druck auch, Herr Kollege Haider, durch den Fall des Eisernen Vorhanges (Abg. Dr. Haider: Fischler sagt, das geht nicht!), durch den Abbau des Eisernen Vorhanges ist Druck entstanden.

Man muß dazu sagen, daß wir durch den Fall des Eisernen Vorhangs und durch die Änderung der politischen Verhältnisse in den anderen Nachbarländern in Form einer bis zu 40prozentigen Steigerung der Exporte in die Tschechoslowakei massiv profitiert haben. Ich gebe zu: Für den kleinen Gewerbetreibenden, der eine Tankstelle in Haugsdorf hat, wo 2 Kilometer weiter, auf der anderen Seite der Grenze, Benzin um 30 Prozent billiger abgegeben wird, ist das kein Trost, daß wir in der Exportwirtschaft 40 Prozent gewonnen haben, die allen zugute kommt, aber wir können deswegen diesen Weg nicht verlassen. Wir müssen eine Möglichkeit finden, Mittel finden, mit Hilfe einer flexiblen Politik jene Menschen, jene Gruppen besonders zu unterstützen oder zu fördern, die vorübergehend bei Strukturänderungen unter die Räder kommen. Man darf deswegen nicht gleich den Weg aufgeben, man muß ihn vielleicht sorgsamer gehen, man muß ihn langsamer gehen in bestimmten Phasen. Aber man kann nicht darauf verzichten, weil eine überzeugende Zielsetzung meiner Auffassung nach durch nichts ersetzt werden kann: nämlich der Frieden in Europa. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Als im Zuge der Industrialisierung die Autos eingeführt wurden, mußte mancher Unternehmer, der bis dahin Touristen oder Bürger des Dorfes befördert hat, das Taxi mit Pferden auswechseln. (Abg. Dr. Haider: Wechseln, aber nicht aufgeben!)

Es klingt zynisch, zu sagen: Wer nicht rechtzeitig handelt, den straft die Geschichte. Nur, dazu ist ja der Staat da, im Sinne der sozialen Marktwirtschaft mit punktuellen Interventionen Rahmenbedingungen zu schaffen, mit denen man diesen Menschen hilft. (Abg. Dr. Haider: Aber das war meine Frage: Was geschieht mit denen?)

Ich glaube, das globale Ziel sollte außer Streit gestellt werden. Ich glaube überhaupt, daß es gut ist, meine Damen und Herren – ich habe vorher auf die Vergangenheit Bezug genommen –, wenn wir die österreichischen Eigenschaften – wir haben auch unsere Schwächen – behalten, nämlich die hohe Dialogfähigkeit in wichtigen Fragen trotz aller Gegensätze zwischen den politischen Gruppen. Die Sozialpartner sind diesbezüglich – wenn auch nicht immer – ein Vorbild.

Ich habe auch einmal erklärt, es sei gut, daß die Frage der Sozialpartnerschaft und die Frage der Pflichtmitgliedschaft in den Interessenvertretungen zur Debatte gestellt wurde. Sie können heute auf ein stärkeres demokratisches Mandat verweisen. Wir sollten uns dem aussetzen,


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite