Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 55

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Das ist, so finde ich, ein prinzipiell guter Zugang. Wenn man dies aber von seiten der Europäischen Union fordert, wäre es natürlich höchst an der Zeit, auch innerhalb der Europäischen Union selbst gewisse höhere Standards durchzusetzen und zum Beispiel jenem Rat zu folgen, der in dem vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebenen Papier des Rates der Weisen vorgeschlagen wird, daß zum Beispiel die Europäische Union als Gesamtes der Sozialcharta des Europarates beitreten sollte, und zwar in der Form, daß die Sozialcharta Primärrecht der Europäischen Union wird. Das würde nämlich dazu führen, daß es eine Absicherung von sozialen Mindeststandards auch in der Europäischen Union gibt. Ich glaube, daß es bei dieser gesamten Liberalisierungsentwicklung irrsinnig wichtig ist, gewisse Mindestgrenzen einzuziehen, weil da und dort natürlich die Gefahr besteht, daß Entwicklungen stattfinden, bei denen man mit einzelstaatlichen Maßnahmen oftmals überfordert ist.

Ein zweiter Punkt ist die Frage: Was tut die EU gegen die Arbeitslosigkeit? Wir sind alle nicht zufrieden mit dem bisherigen Ausmaß an diesbezüglichen Aktivitäten, aber so wie es der Kollege Haider gemacht hat, geht es auch nicht. Er hat sich hierhergestellt und gesagt, 18 Millionen Arbeitslose seien der EU völlig gleichgültig, gleichzeitig würden 3,3 Milliarden Schilling für Öffentlichkeitsarbeit ausgegeben. (Abg. Mag. Stadler: Propaganda!) – Von mir aus Propaganda. – Dem sollte man zumindest ein simples Faktum entgegenhalten: 32,5 Prozent aller Ausgaben der Europäischen Union gehen in die Regional- und Sozialfonds.

Von diesen Geldern, die in Summe 141 Milliarden ECU für eine vierjährige Berichtsperiode ausmachen, geht ein gut Teil in Ziel-3- und Ziel-4-Förderungen. Dabei handelt es sich ausschließlich um Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit, um Maßnahmen zur Reintegration von Arbeitslosen in die Gesellschaft, also um Mittel, die die Europäische Union sehr wohl im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit zur Verfügung stellt. (Abg. Mag. Haupt: Und wieviel davon ist laut Rechnungshof überhaupt nie angekommen?) – Sofort, Herr Kollege Haupt. – Wenn man zusätzliche Aktivitäten der Europäischen Union auf diesem Gebiet fordert, bin ich sehr dafür, denn das, was getan wird, ist zuwenig. Aber angesichts von 141 Milliarden ECU Ausgaben auf diesem Sektor zu sagen, es wird absolut nichts getan, das ist wirklich billige Polemik und paßt nicht in eine sachliche Debatte (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Haupt: Und was sagen Sie zur Kritik des Europäischen Rechnungshofes zur Mittelverwendung?)

Das ist ein sehr wesentlicher Punkt, daß der Europäische Rechnungshof die Ausgabenpraxis kritisiert hat. Aber wir wissen ganz genau, daß es höchst unterschiedliche Verwendungsformen in den Ländern gibt, zum Beispiel in Griechenland und in Portugal. Portugal hat eine ganz andere Verwendungsethik von öffentlichen Geldern. (Abg. Mag. Stadler: Eine andere Verwendungsethik! Schöner habe ich Subventionsbetrug noch nie umschreiben gehört!) Wenn Sie in bezug auf Portugal von Subventionsbetrug reden, dann muß ich sagen, Sie gehen relativ ... (Abg. Mag. Stadler: Das schreibt der Rechnungshof!) Nein, Sie haben den Bericht nicht gelesen. Das schreibt der Rechnungshof in bezug auf Griechenland und nicht in bezug auf Portugal. Sie haben nicht einmal den Bericht gelesen und beleidigen ein Land taxfrei. (Abg. Mag. Stadler: Das habe ich nicht gesagt!) Na klar, Sie werfen Portugal Subventionsbetrug vor. Sie haben den Bericht nicht gelesen und wissen demnach nicht, wer darin kritisiert wird. (Abg. Mag. Stadler: Ich habe nur gesagt, Sie haben es schön umschrieben! Ich mache Ihnen ein Kompliment, und Sie sagen, ich beleidige jemand!) Ich sage Ihnen, einzelne Länder werden berechtigterweise kritisiert, andere nicht, daher sind die Schlußfolgerungen ... (Abg. Mag. Stadler: Ich wollte Ihnen nur ein Kompliment machen!) Das können Sie nachher gerne; ich weiß, ich habe eine etwas höhere literarische Begabung als andere, darüber können wir aber danach diskutieren.

Portugal hat die Subventionen korrekt verwendet, Griechenland nicht. Daraus sind die Schlußfolgerungen zu ziehen, daß im Falle Griechenlands, dessen Bruttosozialprodukt zu 13 Prozent aus Transferzahlungen der Europäischen Union finanziert wird, eine härtere Gangart eingelegt wird. Aber wir wissen ganz genau, wie die hohen Zahlungen in bezug auf Griechenland in der Vergangenheit zustande gekommen sind. Da ist es nicht nur um ökonomische Notwendigkeiten gegangen, sondern darum – und das ist in der Europäischen Union in allen Fragen der Fall –, daß politische Kompromisse auch ihren ökonomischen Preis haben. Man muß versuchen, auf Basis dieser Kompromisse zu schauen, daß die Mittel ordnungsgemäß verwendet werden, und


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