Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 56

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man sollte für den Fall, daß es nicht so ist, auch Sanktionen androhen. Das hielte ich für richtig, denn es geht um das Geld der Steuerzahler. Aber eines muß trotzdem klargestellt sein: Diese Mittel für die Struktur- und Sozialfonds halte ich für wesentliche Ausgaben der Europäischen Union, wenn man will, daß regionale Disparitäten ausgeglichen werden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Haupt. )

Dritter Punkt: die Frage des internationalen Systems. Herr Außenminister, da würde mich die Diskussion mit Ihnen interessieren. Wir reden über Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik – okay. Wir sind uns aber, glaube ich, darüber einig, daß die Entwicklung Jugoslawiens nicht die umfassende Erfolgsgeschichte der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik war und daß das Problem im Kern eigentlich nicht war, daß es keine gemeinsame europäische Armee oder ähnliches gegeben hat, sondern das Problem auf europäischer Seite war doch, daß über lange Zeit Frankreich, Großbritannien und Deutschland sich auf keine gemeinsame politische Linie haben einigen können, was denn tatsächlich in Jugoslawien zu erreichen ist. Und ich meine, dieser Punkt ist der wesentliche: Wie kommt man zu Vereinbarungen über außenpolitische Ziele? Herr Kollege Mock hat mit Recht gesagt, dieser Teil ist der schwierigste, weil es um die sensibelsten Interessen geht. Nehmen wir nicht nur das ehemalige Jugoslawien her, sondern auch die Situation, die Sie angesprochen haben, im östlichen Mittelmeerraum, im Vorderen Orient und im Nahen Osten. Was bemerken wir hier? Die Vereinigten Staaten, die mit Europa verbündet sind, haben zum Beispiel eine Aktion im Irak gesetzt, die von verschiedenen Seiten, auch von einzelnen europäischen Partnern wie Frankreich und anderen, einer sehr geharnischten Kritik unterzogen wurde. Nicht zu Unrecht, denn diese Aktion findet nicht unbedingt eine Abdeckung in völkerrechtlichen Grundlagen, und auch die Abdeckung durch UNO-Resolutionen ist zumindest disputabel.

Mir geht es aber gar nicht um diesen Punkt, sondern mir geht es darum, welche eigenständige europäische Strategie wir in dem Raum spielen, wo offensichtlich die Grundlagen amerikanischer Politik einigermaßen erodiert sind. Denn der Irak wird zwar dann und wann bestraft für irgendwelche Aktivitäten, gleichzeitig ist man aber daran interessiert, daß der Irak erhalten bleibt als ein gewisses Pendant zum Iran, dem man im übrigen mit verschärften wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen zu Leibe rücken will. Auf der anderen Seite ist die Perspektive mit dem Wahlausgang in Israel zusammengebrochen, daß es hier relativ kurzfristig zu Vereinbarungen oder Initiativen in bezug auf Syrien kommen könnte.

Das heißt, das gesamte Konstrukt der amerikanischen Politik im Nahen und Mittleren Osten steht in Wirklichkeit vor einer trümmerhaften Bilanz. Und diese trümmerhafte Bilanz wurde nun vor den amerikanischen Wahlen offensichtlich versucht zu kaschieren, durch die Art von Einsatz, die in Europa nicht auf ungeteilte Zustimmung gestoßen ist. Was meine ich damit? Wenn dieser Raum, der uns so nahe liegt und neben dem Balkan der nächste Raum ist, offensichtlich durch politische und strategische Krisen und Ungleichgewichte geschüttelt wird und auch eine entscheidende Rolle dabei spielt, wenn wir unser Verhältnis zu Rußland ordnen wollen, stellt sich die Frage: Wie schaut die gemeinsame europäische Politik in bezug auf diese Region aus?, vor allem dann, wenn man sieht, daß England, Deutschland, Frankreich höchst unterschiedliche Positionen zum amerikanischen Verhalten in dieser Region abgegeben haben. Und daher bin ich sehr für eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Aber sehr oft habe ich den Eindruck, wie sich am konkreten Beispiel zeigt, daß in der aktuellen Situation europäischer Zusammenarbeit immer dann, wenn es brenzlich wird, der politische Wille offensichtlich noch nicht so weit entwickelt ist. Und ich würde mir wünschen, daß sich dieser politische Wille entwickelt. Aber ohne den politischen Willen immer eine vorgezogene Debatte zu führen und zu sagen, na gut, wir müssen uns jetzt über die militärischen Angelegenheiten unterhalten und die Frage morgen auf die Tagesordnung stellen, ob wir jetzt irgendeinem Militärbündnis beitreten, ja oder nein, das halte ich in Wirklichkeit für keinen korrekten Diskussionszugang, weil er der realen Problemstellung, wenn man sich diesem Problem wirklich stellen will, nicht entgegenkommt und die Frage nicht präzise trifft.

Ein vierter Punkt in diesem Zusammenhang, der mir auch ein Anliegen ist: Es wurde über die weitere Entwicklung der Europäischen Union, die Ostöffnung und ähnliches diskutiert. In der Tat ist die Ostöffnung ein kompliziertes Thema, obwohl unsere politische Haltung völlig klar ist: Wir


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