Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 54

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Union ein Schlüssel in dieser gesamten Region – Mittelmeerraum, Mittel- und Osteuropa, Balkan, bis zu den Folgestaaten der ehemaligen Sowjetunion – ist.

In diesem Sinn eine abschließende Bemerkung von mir. Ich verstehe die österreichische Außenpolitik als eine, die in den kommenden Jahren diese Möglichkeiten der europäischen Bühne, der Beeinflussung auch der anderen europäischen Staaten für unsere gemeinsamen Ziele – Menschenrechte, Umweltschutz, Beschäftigung, Friedenssicherung, Wahrung von Minderheitengruppierungen – noch viel stärker als bisher einsetzen wird.

In diesem Sinn möchte ich auch etwas ankündigen, was vielleicht überraschen mag, weil es nicht unbedingt mit dem Sparpaket deckungsgleich ist, aber ich glaube, es ist absolut notwendig. Wir werden im nächsten Jahr zumindest in den drei baltischen Staaten Botschaften einrichten. Es sind dies Beitrittskandidaten, und Österreich muß in diesem Raum, der geopolitisch eine unendlich wichtige Rolle spielt, präsent sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir werden in Mazedonien eine Botschaft aufmachen, was sehr, sehr wichtig ist, weil man dieses kleine, aber wichtige Schlüsselland nicht länger von Tirana oder auch von Belgrad aus mitbetreuen kann.

Wir können auch nicht alle Nachfolgestaaten der Sowjetunion von Moskau aus betreuen, weil das einfach mit dem Selbstbewußtsein dieser Nachfolgestaaten nicht vereinbar ist. Daher werden wir im nächsten Jahr in diesem Raum sicher die eine oder andere Botschaft aufmachen. Wir werden vieles durch interne Umschichtungen und auch mit der Hilfe von anderen Ministerien bewältigen. Insgesamt dürfen dadurch keine Mehrkosten entstehen, aber ich bitte um Ihre Zustimmung, damit wir diesen Beitrag für eine aktive Außenpolitik außer Streit stellen können. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.

11.55

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte vielleicht mit dem selben Thema beginnen, mit dem der Herr Vizekanzler begonnen hat, nämlich mit der Frage, die von Kollegen Haider gestellt wurde. Wie schaut die Antwort auf die Liberalisierung, auf die Folgen der Liberalisierung aus? Er hat ansatzweise unterstellt, ob uns nicht protektionistische Maßnahmen helfen könnten.

Ich gehe auch davon aus, daß die Entwicklung des Freihandels in der Welt eine der wesentlichen Grundlagen für wirtschaftliches Wachstum ist. Zweitens muß man aber sehen, daß die Früchte dieses wirtschaftlichen Wachstums auch nach dem letzten Weltwirtschaftsbericht relativ ungleich verteilt sind, nämlich daß nach wie vor die Länder des Nordens überproportional dazugewinnen, während die Länder des Südens in Summe abfallen, obwohl es auch dort einzelne Ausnahmen gibt, die eine erstaunliche Wachstumsentwicklung in den letzten Jahren durchgemacht haben. Was aber überall der Fall ist, egal ob in Nord oder Süd, ist, daß eine Folge der Globalisierung stärkere Ungleichheiten in der Gesellschaft zwischen Ärmeren und Reicheren sind. In Europa ist das noch bedeutend weniger der Fall als zum Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika und in jenen Teilen der Welt, wo derzeit das Wachstum am allerstärksten ist, zum Beispiel in China und in anderen Ländern des Südostasiatischen Raums.

Es stellt sich natürlich die Frage: Wie können wir auf negative, unerwünschte Liberalisierungsfolgen eingehen, und was sind mögliche Antworten? Es wird beim Ministergipfel in Singapur, wo die Frage der Weiterentwicklung der WTO, der World Trade Organization, diskutiert wird, unter anderem europäische Vorstellungen geben, die zum Beispiel gewisse Mindeststandards im sozialen Bereich, also zumindest die Core-Standards der ILO, auf die Tagesordnung bringen wollen und als Bedingung für den Abbau von Handelsbeschränkungen fordern, daß diese Mindestsozialbedingungen eingehalten werden.


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