Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 70

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Bosnien habe die Handlungsunfähigkeit der EU gezeigt. Die Europäische Union ... (Zwischenrufe des Abg. Scheibner. )

Herr Abgeordneter Scheibner! Sie wissen das genausogut wie ich, und Ihnen mache ich den Vorwurf, wider besseres Wissen in diesem Fall geredet zu haben. Die Europäische Union war zum Zeitpunkt des Ausbrechens des Jugoslawien- bzw. des Bosnienkonfliktes in keiner Weise eine außerhalb ihres Territoriums wirksame Sicherheitsstruktur. Das konnte sie zu diesem Zeitpunkt auch gar nicht sein. Was wir wollen, ist, daß mit der Entwicklung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die Möglichkeiten der EU auch außerhalb des eigentlichen Territorialbereiches wirksam werden und daß das, was innerhalb der EU wirklich eine historische Großleistung ist, nämlich einen Friedensraum zu schaffen, auf ganz Europa ausgedehnt werden kann. (Abg. Scheibner: Das müssen Sie dem Außenminister sagen!) Diesbezüglich ist der Außenminister voll auf der gleichen Linie. Es gibt überhaupt keine Diskussion darüber, daß Österreich auch im Rahmen der Politik der Bundesregierung sich dazu bekennt, an einer gemeinsamen europäischen Sicherheitsstruktur mitzuwirken, wenn sie in den kommenden Jahren entsprechend entwickelt wird, und ich hoffe, daß das rasch geschehen wird.

Es gehört aber auch dazu, daß wir über die Europäische Union hinaus auch noch andere Möglichkeiten von Sicherheitsstrukturen auf diesem Kontinent nützen. Ich möchte hier ausdrücklich auch den Europarat nennen, denn dieser Kontinent muß auch ein Raum der Einhaltung und Wahrung der Menschenrechte sein. Die Wahrung der Menschenrechte ist ein ganz wichtiger Teil einer zukünftigen Sicherheitsstruktur. Dazu gehört auch der Schutz der Minderheitenrechte. Frau Staatssekretärin! Ich darf Ihnen sagen – und meinen persönlichen Wunsch hier auch mitgeben –, daß Österreich und unser Parlament einhält, was wir heuer im Jänner hier in einer Entschließung gewünscht haben, nämlich daß wir die Rahmenkonvention des Europarates zum Schutz der Minderheiten ratifizieren. Österreich war ein Vorreiter für die Minderheitenrechte und sollte daher zu den ersten zehn Staaten gehören, die diese Konvention ratifizieren, sodaß wir hier mit gutem Beispiel vorangehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich glaube, es ist keineswegs so, daß man der österreichischen Außenpolitik zum Vorwurf machen kann, sie sei inaktiv oder sie würde den Notwendigkeiten unseres Landes nicht gerecht werden. Es war erst gestern die Speakerin des britischen Unterhauses zu Gast im österreichischen Parlament, und eine der ganz wichtigen Fragen, die sie gestellt hat, die sie interessiert hat, war, was Österreich von der Osterweiterung der Europäischen Union hält, waren unsere Erfahrungen mit den Nachbarstaaten und was wir aktiv tun können zur Entwicklung. Das hat die Speakerin des großen EU-Mitgliedslandes Großbritannien von uns wissen wollen, weil wir einfach einen guten Ruf in Europa genießen und weil wir in dieser Frage wahrscheinlich mehr Know-how haben als andere Staaten in Europa. Das ist auch mit ein Erfolg der österreichischen Außenpolitik, und ich glaube, wir sollten diesen guten Kurs fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

13.17

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

13.17

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte die Gelegenheit der Debatte über den Außenpolitischen Bericht nützen, um über ein paar globale Trends und Herausforderungen zu sprechen, mit denen wir in der internationalen Politik derzeit beschäftigt sind. Ich möchte auch das Thema Entwicklungspolitik ansprechen, die als Teil einer aktiven Außenpolitik in Österreich leider noch immer zuwenig Stellenwert hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber vorweg, wie schon viele vor mir hier angesprochen haben, positiv anmerken, daß der Außenpolitische Bericht 1995 sehr umfangreich gestaltet ist, daß er sich auch querschnittmäßig mit Entwicklungszusammenarbeit befaßt, mit Themen wie internationale Abrüstung, Menschenrechte und internationale Bemühungen um die Gleichstellung von Männern und Frauen. Sicherlich sind auch einige Schwachstellen im Bericht. Meiner Meinung nach sind das manchmal zu distanziert und diplomatisch formulierte Stellen, aus denen ersichtlich


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