Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 101

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beispielsweise der Entsendung von Polizisten nach Mostar, teilzunehmen. Wir haben das als ein Mittel zur Erhaltung des Friedens, als ein Mittel zum Ausdruck von Solidarität verstanden.

In diesem Sinne haben wir uns auch durch Entsendung einer Einheit an die IFOR nach Bosnien beteiligt. Das zeigt, daß wir keine Berührungsängste haben, sondern daß wir eine Beteiligung an internationalen Aktionen auf der Grundlage des geltenden Rechts und abhängig vom Ziel der jeweiligen Operation von Fall zu Fall prüfen und nach Prüfung uns dann auch entscheiden, ob wir dann daran teilnehmen oder nicht.

Das heißt aber, wir drücken uns vor nichts, wir scheuen vor nichts zurück. Wir geben aber immer wieder darüber Rechenschaft, was unserer Sicherheit dient, und damit sind wir, meine ich, in der jüngeren österreichischen Geschichte doch sehr gut gefahren. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher besteht für eine Diskussion über die Teilnahme an einem Militärbündnis weder Anlaß noch Notwendigkeit. Ich verstehe schon: In einer freien Gesellschaft kann man solche Diskussionen nicht verbieten, und das würde ja überhaupt nicht in unser freies und demokratisches System passen.

Die Frage ist nur – und das muß halt jeder für sich selbst entscheiden –: Wie sinnvoll ist es, eine Diskussion beispielsweise über eine Mitgliedschaft in der NATO zu beginnen, wenn man weiß, daß diese NATO selbst erst am Beginn eines Diskussions- und Umwandlungsprozesses steht? – Ich meine, daß für Österreich daher derzeit weder aus sicherheitspolitischen noch aus allgemeinpolitischen Gründen ein Diskussionsbedarf über eine Mitgliedschaft in einem Militärbündnis besteht. (Beifall bei der SPÖ.)

Sollte es irgendwann einmal konkret anstehen, sich mit einer solchen Frage zu beschäftigen und damit auch ein wesentliches Element des politischen Selbstverständnisses Österreichs neu zu beurteilen, so bin ich der Meinung – Sie haben mich da richtig zitiert –, daß dann eine Volksabstimmung sicher ins Kalkül gezogen werden soll.

Da aber weder der NATO-Beitritt noch sonst eine Mitgliedschaft zu einem Militärbündnis Teil der Regierungspolitik ist, erachte ich diese Frage als nicht aktuell, auch wenn ich das immer wieder wiederholen muß. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zu Ihrem Antrag: Die Aufforderung an die österreichische Bundesregierung, sich gesetzeskonform zu verhalten, ist deshalb nicht notwendig, da sich die Bundesregierung im Sinne des Artikels 18 des Bundes-Verfassungsgesetzes selbstverständlich bei all ihren Aktivitäten an die geltende Rechtslage hält. Dies schließt die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen über die Neutralität ein.

Für die Mitwirkung Österreichs an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäische Union hat der Verfassungsgesetzgeber durch die Novelle im Jahr 1994 eine ausdrückliche verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen, in deren Rahmen wir uns bewegen. Das gilt sinngemäß auch für die Mitwirkung Österreichs an der Regierungskonferenz.

Ich verweise in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die österreichische Grundsatzposition zur Regierungskonferenz, die ja dem Hohen Haus zugegangen ist.

Da Österreich an einer effizienten Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Union großes Interesse hat, wird sehr wohl die Position vertreten, daß in einzelnen nichtmilitärischen Fragen der Außenpolitik zum Mehrstimmigkeitsprinzip übergegangen werden könnte. Für den militärischen Bereich ist Österreich – und das gilt auch für alle anderen Mitgliedstaaten – jedenfalls für die Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips.

Weiters ist unter Bezugnahme auf Ihren Antrag festzuhalten, daß Österreich im Sinne seiner bisherigen Tradition angesichts der neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen in Europa sehr wohl daran interessiert ist, daß humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze und friedenserhaltende Aufgaben und Krisenmanagement, also die Petersberger Aufgaben, auf breiter politischer Entscheidung in Europa wahrgenommen werden.


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