Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 38. Sitzung / Seite 112

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Schatzkammer und behalten wir sie für alle Ewigkeit, oder hat das doch noch Gewicht, was Sie vor einigen Wochen gesagt haben? Man kennt sich leider nicht mehr aus.

Meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten! Auch hier sind wieder eindeutige Bekenntnisse zur Neutralität abgegeben worden. Was stimmt jetzt? Wer spricht für diese Fraktion? Ist das Wort eines Landeshauptmannes Stix überhaupt nichts wert, der sagt, Österreich könne bei der NATO-Erweiterung nicht zuschauen? Oder jenes des Abgeordneten Cap, immerhin stellvertretender Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses, der die Neutralität für überflüssig erklärt und sich für einen NATO-Beitritt ausgesprochen hat?

Wie ist denn jetzt die Linie der Sicherheitspolitik in der Regierung? (Abg. Dr. Khol: Das hat der Bundeskanzler klargemacht!) Wie hat er das klargemacht? (Abg. Dr. Khol: Er hat dem Cap nicht recht gegeben!) Er hat ihm nicht recht gegeben. Aber zum Landeshauptmann Stix hat er nichts gesagt, und die Linie, die er heute vertreten hat, ist für mich auch nicht ganz klar, weil sie in sich widersprüchlich ist, meine Damen und Herren. Aber er hat uns einmal klar zur Kenntnis gebracht, warum diese Regierung an dieser Neutralität festhalten muß.

Er hat einmal in einer Fragestunde hier auf unsere diesbezügliche Anfrage ganz klar geantwortet und gesagt: Österreich muß auch in der EU neutral sein, denn das haben wir der Bevölkerung vor der EU-Abstimmung versprochen. Genau das ist ja der Grund, meine Damen und Herren, Herr Bundeskanzler: Sie wollen nicht zugeben, daß Sie die Bevölkerung vor der EU-Abstimmung angelogen haben, daß Sie die Unwahrheit gesagt haben, nämlich Österreich könne in der Europäischen Union die Neutralität beibehalten. Das war die Unwahrheit. Stehen Sie heute endlich einmal dazu! Geben Sie zu, daß Sie die Leute hinters Licht geführt haben! Sie wissen ganz genau, daß in der Europäischen Union ein neutraler Staat, der diese Neutralität ernst nimmt, nicht zugelassen wird und daß das auch allen Grundsätzen der Europäischen Union völlig widerspricht, natürlich auch dem Grundsatz der Solidarität.

Herr Bundeskanzler! Wie soll denn das funktionieren: einerseits neutral zu sein, das heißt, zu signalisieren, ich werde mich aus jedem Konflikt heraushalten, und auf der anderen Seite zu sagen, wir sind solidarisch mit jenen, die in ihrer Sicherheit bedroht sind? Das ist doch wirklich ein eklatanter Widerspruch, Herr Bundeskanzler. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir treten dafür ein, daß man der Bevölkerung endlich die Wahrheit sagt, daß man ihr sagt, es gibt hinsichtlich der Gestaltung der Sicherheitspolitik in Zukunft zwei Möglichkeiten: Die eine ist, daß man die völkerrechtliche Neutralität ernst nimmt. Das bedeutet aber auch jede Abstinenz von Bündnissen, die Sicherheitsorganisationen vorsehen. Das bedeutet den Austritt aus der Europäischen Union, und das bedeutet auch eine Vervielfachung unserer Landesverteidigungsausgaben, denn dann würde unser Bundesheer allein und auf sich gestellt alle Bedrohungspotentiale abdecken müssen.

Oder: Der zweite Weg ist, nach dem Versicherungsprinzip mit vielen anderen Staaten gemeinsam am Aufbau einer europäischen Sicherheitsordnung mitzuarbeiten und nicht zuzuschauen, wie die anderen über uns bestimmen, sondern als gleichberechtigter Partner mit allen Rechten und Pflichten am Aufbau dieses Sicherheitssystems mitzuarbeiten. Das wäre doch das sinnvolle System.

Darüber sollte man, wenn Sie schon nicht in der Lage sind, eine Entscheidung zu treffen, die österreichische Bevölkerung abstimmen lassen. Verhandeln Sie einmal über die Bedingungen eines Beitritts, legen Sie auch die Konsequenzen eines Nichtbeitritts offen, und lassen Sie darüber die Österreicher abstimmen! Sie werden sehen, daß die Österreicher noch immer die vernünftigste Ansicht in der Sicherheitspolitik haben und gemeinsam mit den anderen Staaten den Weg einer demokratischen und sicheren Friedensordnung in Europa gehen wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.33

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Moser. – Bitte.


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