Ein wichtiges Argument in dieser Debatte, die 1994, auch zu einem Antrag der Grünen, stattgefunden hat, war: Dieser Antrag kommt zu knapp vor der Wahl, wir können nicht seriös über diesen Antrag befinden, weil das zu knapp vor der Wahl ist. Da wird in ganz billiger Weise versucht, Wahlgeld herauszuschlagen.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß wir zwar heute die erste Lesung haben, aber noch nicht abzustimmen brauchen. Es wird also kein Kleingeld daraus geschlagen. Sie haben die Möglichkeit, sich im Ausschuß und dann, hoffe ich, auch noch im Plenum zum passiven Wahlrecht zu bekennen. (Abg. Mag. Guggenberger: Jetzt haben wir schon wieder Wahlen!)
Es hat aber auch noch andere Argumente gegeben, die nicht minder spannend oder lustig waren. Die Grünen, hat es damals geheißen, 1994, die wollen zwar nicht in die EU, aber wenn es ihnen paßt, dann wollen sie überpingelig sein bei der Erfüllung der EU-Richtlinien, dann bestehen sie drauf, daß EU-Richtlinien erfüllt werden. Das geht nicht!, hieß es damals.
Das ist sozusagen ein schwerer Vorwurf an die Grünen im Jahr 1994 gewesen: Gegen die EU sein, aber wollen, daß die EU-Richtlinien erfüllt werden! Ungeheuerlich!, hieß es, und das war ein wichtiges Argument damals, warum Sie, meine Damen und Herren, in Ihrer Mehrheit gegen dieses passive Wahlrecht Stellung genommen haben.
Ein wichtiges weiteres Argument war: Die Gastarbeiter selbst wollen das ja gar nicht, denn sie streiten zuviel und sind deshalb froh, wenn die Österreicher dieses Amt – sozusagen treuhänderisch – für die Gastarbeiter ausüben, die Gastarbeiter selbst seien dazu aufgrund ihrer Querelen eigentlich nicht in der Lage.
Ein wichtiges weiteres Argument war – Kollege Edler, du solltest dich vielleicht da angesprochen fühlen –: Jetzt nur zu beschließen, daß sie einmal wählen können, ohne daß wir – "wir" sind die Österreicher – uns um ihre Probleme in der Arbeitswelt und im Wohnbereich kümmern, das ist zuwenig, das hilft ihnen gar nichts, wir – wir, die Österreicher – müssen ihnen helfen.
Kollege Edler! Zwei Jahre danach können wir feststellen, daß wir, die Österreicher, die Regierungsparteien, sage ich einmal, nicht viel geholfen haben am Arbeitsplatz und im Wohnbereich. Das heißt, wir haben versagt, und es wäre daher eigentlich höchst an der Zeit, denen, denen wir ja helfen wollten, aber nicht konnten, tatsächlich das Recht zu geben, das sie in die Lage versetzt, für sich selbst zu sorgen, für ihre Probleme am Arbeitsplatz und im Wohnbereich selbst ihre Stimme zu erheben. Das ist ja einmal die wichtigste Vorraussetzung dafür, daß man für die eigenen Probleme tätig werden kann: daß man eine Stimme hat, daß man gehört werden kann.
Und dann gab es noch ein Argument, das da gelautet hat: Wegen des Befreiungsscheines geht es nicht, da sind große Gefahren damit verbunden. – Es wurde dies auch von der FPÖ gesagt, die interessanterweise nicht grundsätzlich gesagt hat, sie sei gegen das passive Wahlrecht – zumindestens war das aus den Debattenbeiträgen, die ich studiert habe, nicht erkennbar –, sondern die gesagt hat: Wenn wir das den Ausländern genehmigen würden, dann könnten über den Umweg Arbeiterkammermandat Tausende Ausländer über ihre fünfjährige Tätigkeit in den Kammern und über die vierjährige Tätigkeit im Betriebsrat sozusagen das Ausländerbeschäftigungsgesetz zum Kippen bringen. Dann hätten sie ja aufgrund der Beschäftigungsbewilligung nur für zwei Jahre ein Anrecht, hierzubleiben, und dann würden Zehntausende, Hundertausende Ausländer auf ihren Mandaten hocken und wären nicht mehr aus dem Land zu bringen. (Abg. Meisinger: Das ist aber eine leichte Übertreibung!) – Eine leichte Übertreibung, zugegeben, Kollege Meisinger, aber in diese Richtung ist argumentiert worden. Du selbst warst es ja auch, der dieses Argument verwendet hat.
Meine Damen und Herren! Um zurückzukommen auf diese Debatte im Jahr 1994: Natürlich habe ich mir einige Zuspitzungen in der Argumentation erlaubt, aber man kann aus der zeitlichen Distanz von 1994 auf 1996 erkennen, daß eigentlich substantiell – und das mache ich Ihnen schon zum Vorwurf, meine Damen und Herren – keine Einwendungen vorhanden waren. Substantiell haben Sie nichts zu sagen gehabt, warum Sie dagegen sind, außer Vorwände.