Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder:
Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1284/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:
Ziel einer effektiven Wirtschaftspolitik muß die Sicherung einer tragfähigen Basis für eine sozial und ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sein. Um diese Zielsetzung zu erreichen, ist die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, die Beschäftigungssituation zu verbessern sowie die Energie- und Materialeffizienz wirtschaftlicher Prozesse zu steigern.
Staatliche Interventionen und ordnungspolitische Maßnahmen, die schon bisher nicht im vollen Umfang oder nicht dauerhaft die in sie gesetzten wirtschafts- und umweltpolitischen Erwartungen erfüllt haben, sind in der aktuellen budgetären Situation nicht oder nur schwer finanzierbar. Als Alternative und Ergänzung bieten sich marktwirtschaftliche politische Ansätze an.
Neben anderen politischen Handlungsfeldern bietet die Finanzpolitik im besonderen Maße die Möglichkeit, mit marktgerechten politischen Instrumenten die beschäftigungs- und die umweltpolitischen Rahmenbedingungen zu gestalten. Einen entsprechenden marktkonformen Ansatz liefert das Konzept eines ökologisch orientierten Umbaus des Steuersystems.
Mit einer ökologischen Steuerreform sollen die Steuer- und Abgabenbelastungen für den Faktor Arbeit gesenkt und der daraus resultierende Einnahmenausfall durch Energie- und Ressourcensteuern budgetär aufkommensneutral ausgeglichen werden. Damit werden wirtschaftliche Voraussetzungen für das Entstehen neuer Arbeitsplätze und für einen grundsätzlichen Kurswechsel in Richtung höhere Energie- und Materialeffizienz geschaffen.
Neben der Preiselastizität für Energie besteht eine Substitutionselastizität zwischen Arbeit und Energie sowie zwischen Kapital und Energie. Höhere Energiepreise bewirken einen geringeren Energieverbrauch. Energie wird eingespart und durch Arbeitskraft ersetzt beziehungsweise durch Investitionen ausgeglichen. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Die Substitution bewirkt keine Rückkehr zu mehr manueller Arbeit. Die Substitution findet oft nicht direkt für vergleichbare Prozesse statt, sondern indirekt. Durch höhere Energiepreise sind energiesparende Investitionen rentabler als energieintensive. Mit der Investition verbessert sich die Wettbewerbsfähigkeit. Damit wächst der Arbeitseinsatz. Eine andere Substitution findet statt, wenn Unternehmen vorgelagerte Produktionsstufen auflassen und Investitionsmöglichkeiten im Verarbeitungsbereich suchen. Für die Unternehmen ergibt sich eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes pro Energieeinsatz, nicht aber ein direkter Ersatz der Energie durch Arbeit bei gleichem Produkt und Prozeß. Bewirkt wird somit eine Vorwärtsstrategie zu höherer Wertschöpfung und größerem Einsatz von Know-how und qualifizierter Arbeit. Insbesondere die Öko-Branche, ein Bereich mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten, sucht laut Einschätzung der OECD vorwiegend Personal mit höherer Ausbildung.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und das Österreichische Wirtschaftsforschungsinstitut haben jeweils für Deutschland und Österreich die Wirkung einer Energiesteuer ohne internationalen Gleichklang untersucht, deren autonome Einführung EU-rechtlich durchaus möglich ist. In beiden Fällen sind bestimmte Varianten einer ökologischen Steuerreform wirtschaftlich vorteilhaft.
Das Wifo berechnete in der Untersuchung der Einführung einer Energiesteuer ohne internationalen Gleichklang einen induzierten Beschäftigungszuwachs von 0,4 Prozent oder 11 000 Personen innerhalb von fünf Jahren im Vergleich zum Referenzszenario ohne Energiesteuer. Wesentlich erscheinen gezielte flankierende Investitionsförderungen. Bei gänzlicher Aufkommensneutralität der Steuerreform müssen diese Förderungen durch budgetäre Umschichtungen im Ausmaß von jährlich 6 bis 15 Milliarden Schilling finanziert werden.
Ähnliche Effekte beschreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung für Westdeutschland. Eine autonom eingeführte Energiesteuer schafft innerhalb von zehn Jahren 300 000 bis 800 000