Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 87

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Nowotny. – Bitte Herr Abgeordneter.

16.21

Abgeordneter Dr. Ewald Nowotny (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Das Thema der Anfrage ist zweifellos interessant. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht so sicher, ob es wirklich so ein unmittelbar dringliches Problem ist. Aber ich möchte mir alle Anmerkungen versagen über andere dringliche Probleme, die die liberale Partei vielleicht derzeit beschäftigen.

Wenn man sich die Anfrage durchliest, so muß ich sagen, ist das eher ein bißchen so eine Art wirtschaftstheoretischer Essay, eine Art Seminararbeit – ich will mich aber enthalten, sie zu beurteilen. Aber es ist zweifellos richtig: Das Konzept, Steuern als Instrument der ökologischen Lenkung einzusetzen, ist ein relevantes und interessantes Konzept. Und so wie andere in diesem Haus habe ich mich selber schon seit langer Zeit mit diesem Thema beschäftigt.

Nur, meine sehr geehrten Damen und Herren, das allein, die theoretische Konzeption, genügt eben nicht. Der entscheidende Punkt ist eben doch, daß man sich mit Fragen der praktischen Umsetzung auseinandersetzt. Und das ist, glaube ich, der entscheidende Punkt, den wir als Politiker hier zu diskutieren haben.

Es ist zum Beispiel richtig, wenn Sie in Ihrer Anfrage auf die Frage der Preiselastizitäten eingehen, wobei man schon darauf hinweisen muß, daß auf kurze und mittlere Sicht auf jeden Fall diese Preiselastizitäten für Energiesteuern oder für den Energieverbrauch gering sind. Darüber gibt es eindeutige Studien. Das heißt, um das ganz praktisch zu sagen: Wenn Sie hier merkbare Lenkungseffekte erreichen wollen, müssen Sie die entsprechenden Preise sehr deutlich anheben. Ihr Beispiel, daß man das sozusagen in homöopathischen Dosen langsam macht, das bringt überhaupt nichts. Es gibt eine sehr deutliche Studie des Kollegen Schneider aus Linz, die sagt: Wenn das unter der Merkbarkeitsgrenze bleibt, hat es eben genau nicht diesen Lenkungseffekt. Man kann sich nicht in eine ökologische Steuerreform hineinschwindeln. Entweder muß man sie mit aller Dramatik machen, dann muß man sich aber auch dazu bekennen. Das ist ein Konzept, das man verfolgen kann. Dann hätte ich allerdings schon gerne gewußt, auf welche Preiserhöhungen Sie denn abstellen. Das haben Sie, genauso wie auch Ihr Kollege Wabl bei anderer Gelegenheit, hier schamhaft verschwiegen. (Abg. Wabl: Na bitte! ...)

Na dann sagen Sie mir doch: Wie hoch soll denn der Benzinpreis nach Ihrer Meinung steigen? Ich bin offen für eine Antwort, aber ich höre sie nicht. Also, Herr Kollege Wabl, so kann man es nicht spielen. Man kann nicht sagen, Energiepolitik ist eine Sache nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß! Wenn Sie dafür eintreten, dann müssen Sie auch mit allen Konsequenzen dafür eintreten. (Beifall bei der SPÖ.)

Der zweite Bereich, den Sie angeführt haben, ist der Bereich der Substitutionselastizitäten: Die meisten ökonometrischen Studien zeigen, daß diese kurzfristig eher null sind, auch längerfristig eher gering sind. Das heißt also, auch dieser Aspekt, daß es dadurch zu arbeitsintensiveren Produktionsformen kommt, ist eher unrealistisch.

Was natürlich schon von Interesse ist, ist insgesamt die Frage der steuerlichen und abgabenmäßigen Belastung von Arbeit und die Frage: Haben wir das als Instrument, um die Nachfrage nach Arbeit zu beeinflussen? Auch darüber gibt es eine große Diskussion, sowohl im wissenschaftlichen Bereich als jetzt auch im EU-Bereich. Die Antwort ist natürlich wie in den meisten Fällen nicht so einfach. Aber einige Dinge stellen sich klar heraus.

Erstens: Die Nachfrage nach Arbeit ist natürlich vor allem abhängig von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage. Kein Mensch, kein Unternehmer wird Arbeiter nur deshalb einstellen, weil sie billiger werden, wenn die Produkte, die damit erzeugt werden sollen, nicht abgesetzt werden können. (Abg. Mag. Peter: No na!) No na, sagen Sie, aber genau das wird übersehen von all denen, die glauben, ich brauche nur die Lohnnebenkosten, die Lohnkosten zu senken – und schon habe ich mehr Beschäftigung. Genau das ist eben nicht der Fall. (Abg. Mag. Peter: Das führt ja zu keiner Senkung der Bruttolöhne!)


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